Nicht wenige Hunde zeigen in bestimmten Situationen Angst oder Unsicherheit, beispielsweise an Silvester oder beim Tierarzt. In der Regel lässt die Angst sofort nach, wenn das auslösende Objekt nicht mehr präsent ist. Auch wenn Hunde älter werden und ihr Seh- und vor allem Hörvermögen nachlassen, kann es immer wieder einmal Auslöser geben, auf die der Hund mit Unsicherheit reagiert, auch in Situationen, die zuvor kein Problem darstellten.
Angsthunde im engeren Sinne sind jedoch ein völlig anderes „Kaliber“: Sie sind gleichsam immer in Alarmbereitschaft, hinter jeder Ecke wittern sie Gefahren, sie sind gestresst, unsicher und können häufig schlecht entspannen. Die Angst bleibt auch dann bestehen, wenn nichts Schlimmes passiert ist, sie kann sich generalisieren und auf die verschiedensten Umweltreize, Geräusche und Gerüche ausdehnen. Um diese Hunde soll es im Folgenden gehen. Wir erklären Dir, worauf diese extreme Angst zurückzuführen sein könnte, wie Du sie erkennst und welche Trainings- und Therapiemöglichkeiten es gibt.
Was ist Angst und wozu dient sie?
Angst ist eine eigentlich sinnvolle Reaktion des Körpers auf (potenzielle) Gefahrensituationen. Sie hält Lebewesen – so auch Hund und Mensch – davon ab, sich in Gefahr zu begeben, und übernimmt damit eine wichtige Schutzfunktion. Der Körper signalisiert durch das Empfinden von Angst, dass etwas gefährlich ist oder sein könnte, und initiiert entsprechende Verhaltensweisen wie Flüchten, Erstarren, Kämpfen usw.
In vielen Abhandlungen wird zwischen Angst, Furcht und weiteren Begrifflichkeiten wie Unsicherheit oder Scheu differenziert. Es wird zum Beispiel konstatiert, dass sich Furcht auf ein bestimmtes Objekt beziehe, während Angst objektunabhängig, also generalisiert sei. Es gibt jedoch keine allgemein anerkannte Definition, um die verschiedenen Begrifflichkeiten trennscharf voneinander zu unterscheiden, und oftmals sind fließende Übergänge, verschiedene Nuancen und Ausprägungen erkennbar. Dem betroffenen Hund jedoch ist die Definition egal und auch für Dich als Halter spielt sie nur eine untergeordnete Rolle. Wichtig ist es, Angst bei seinem Vierbeiner zu erkennen, durch genaue Beobachtung festzustellen, worauf sie sich bezieht, und mittels geeigneter Methoden eine Linderung zu erzielen.
Bei vielen „Angsthunden“ tritt nicht nur eine isolierte Furcht vor einem bestimmten Objekt oder Reiz auf, sondern eine Generalisierung der Angst. Das bedeutet, dass sich die Angst auf zahlreiche Situationen, Objekte, Menschen, Geräusche, Gerüche etc. ausweiten kann. Hat ein Hund beispielsweise Angst vor lauten Knall-Geräuschen und tritt ein solches auf, während er gerade Treppen steigt, ist es möglich, dass er beides miteinander verknüpft und er fortan nicht nur vor lauten Knall-Geräuschen, sondern auch vor dem Treppensteigen Angst hat. Man spricht hier auch von einem fehlgeleiteten Lernprozess oder allgemein von Fehlverknüpfungen. So zieht die Angst immer weitere Kreise und beeinflusst den Alltag von Hund und Halter.
Grundsätzlich kann ein Hund vor allem und jedem Angst haben, je nach Erfahrungen, die er damit gemacht hat, oder auch schlicht aufgrund der fehlenden Erfahrung mit bestimmten Situationen oder Gegenständen.
Wie entsteht übermäßige Angst bei Hunden?
Es gibt unterschiedliche Gründe, weshalb Hunde zu „Angsthunden“ werden oder zumindest auf bestimmte Situationen, die für andere Vierbeiner völlig unproblematisch sind, mit (starker) Angst reagieren. Dazu gehören insbesondere die folgenden:
- Schlechte/fehlende Sozialisation im Welpenalter, z. B. kein Kontakt zu anderen Hunden und/oder Menschen, kein Kennenlernen bestimmter Situationen oder Gegenstände
- Zu frühe Trennung von der Mutter
- Harte/grobe Erziehung mit Mitteln wie Schimpfen, Anschreien oder gar körperlicher Gewalt
- Schlechte Erfahrungen/Traumata
- Gesundheitliche Probleme wie nachlassendes Seh-/Hörvermögen oder hormonelle Störungen
- Schmerzen, z. B. im Bewegungsapparat
- Von der Mutter erlerntes Verhalten
- Genetische Faktoren
- Überforderung, dauerhafter Stress
- Schlechte/Reizarme Haltung
Selbstverständlich können leider auch mehrere dieser auslösenden Faktoren zusammenwirken. Als besonders fatal erweisen sich fehlende Sozialisationserfahrungen in den ersten Monaten eines Hundelebens. Kommt der Welpe in dieser sog. Prägephase nicht oder zu wenig in Kontakt mit anderen Hunden, mit Menschen und bestimmten Situationen, kann sich ein sog. Deprivationssyndrom entwickeln, eine Entwicklungsstörung, die dazu führt, dass der Hund nicht in der Lage ist, sich adäquat mit seiner Umwelt auseinanderzusetzen. Angst ist oftmals ein Begleitsymptom des Deprivationssyndroms. Alles, was der Vierbeiner in dieser Phase nicht kennengelernt hat, ist zunächst mit Unsicherheit und Angst verknüpft. Ein Deprivationssyndrom tritt insbesondere bei Hunden aus schlechter bzw. reizarmer Haltung sowie bei Tierschutzhunden auf, die ihre ersten Lebensmonate oder -jahre in Verschlägen, Tierheimen oder Tötungsstationen verbracht haben.
Insbesondere Tierschutzhunde können unter einem Deprivationssyndrom leiden, wenn sie die ersten Lebensmonate in einer reizarmen Umgebung verbracht haben.
Wie äußert sich Angst bei Hunden?
Grundsätzlich ist Angst eine normale körperliche Reaktion, die einerseits zu bestimmten Verhaltensweisen, andererseits zu körperlichen Symptomen führt. Ein ängstlicher Hund ist leicht zu erkennen, wenn man weiß, wie sie sich auf körperlicher Ebene bzw. im Verhalten niederschlägt.
Verhaltensbezogene Symptome bei Angst/Stress:
- Unruhe
- Exzessives Belecken oder Benagen von Körperpartien (Pfoten, Schwanzansatz etc.) bis hin zum Wundlecken
- Sog. Übersprungshandlungen wie „Rammeln“/Aufreiten, Sich-im-Kreis-Drehen
- Beschwichtigungssignale wie Gähnen
- Kleinmachen/Zurückweichen
- Vermehrte Aufnahme von Wasser und Nahrung (Polydipsie und Polyphagie)
- Vermehrte Harnausscheidung (Polyurie)
- Flucht oder Erstarren
- Panikattacken
- Apathisches Verhalten
- Aggression/Verteidigungsverhalten wie Knurren, Bellen, Schnappen, Beißen
- Jagdverhalten
Körperliche Symptome bei Angst/Stress:
- Ohren anlegen
- Schwanz einziehen
- Zittern
- Augen aufreißen/vergrößerte Pupillen
- Herzrasen/hoher Blutdruck
- Hecheln
- Erhöhung der Aufmerksamkeit
- Schwitzige Pfoten
- Haarverlust
Diese Anzeichen können stark, aber auch schwach ausgeprägt sein und einzeln oder gemeinsam vorkommen. Während bei einigen Hunden sofort erkennbar ist, dass sie Angst haben, bemerkt es bei anderen nur der Besitzer, der seinen Liebling gut kennt und lesen kann. Bei richtigen „Angsthunden“ oder Vierbeinern mit Deprivationssyndrom ist die Angst nicht zu übersehen. Um den Vierbeiner nicht noch mehr zu ängstigen, sollte auf die eigene Körpersprache und -haltung geachtet werden. Sich über den Hund zu beugen wird ebenso als bedrohlich empfunden wie das direkte In-die-Augen-Schauen sowie schnelle oder hektische Bewegungen. Im Umgang mit ängstlichen Hunden ist es wichtig, selbst möglichst ruhig und gelassen zu bleiben.
Dieser Hund zeigt durch seine Körpersprache eindeutig, dass er Angst hat.
Bewältigungsstrategien
Einem Hund stehen verschiedene Verhaltensalternativen bzw. Bewältigungsstrategien zur Verfügung, wie mit der angstauslösenden Situation umzugehen ist. Hier spricht man auch von den 4 Fs: Flight (Flucht), Freeze (Erstarren), Fight (Kampf) und Flirt, auch als „Fool around“ (Herumalbern) bezeichnet. Je nach Situation wird sich der Vierbeiner für eine dieser Alternativen entscheiden. Wir möchten dies an einem Beispiel veranschaulichen:
Anton hat Angst vor Männern, die einen Hut tragen. Beim täglichen Gassigehen kommt nun ein solcher auf ihn zu und möchte Kontakt zu ihm aufnehmen. Anton stehen die folgenden Möglichkeiten zur Verfügung:
Flight (Flucht): Er versucht, der angstauslösenden Situation durch Entziehen bzw. Fliehen zu entkommen. Ist es ihm möglich (wenn er z. B. nicht angeleint ist), wird er die Flucht ergreifen und das Weite suchen.
Freeze (Erstarren): Er erstarrt regelrecht, legt sich vielleicht hin, bewegt sich kaum noch und nimmt eine steife Körperhaltung ein. Dieses Verhalten ist mit dem „Totstellen“ zu vergleichen, wie es beispielsweise Fluchttiere wie Kaninchen zeigen.
Fight (Kampf): Nach dem Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“ geht Anton nach vorne. Vielleicht knurrt er, schnappt, bellt oder zeigt anderweitig angstbedingtes aggressives Verhalten, um sich die Gefahr vom Leib zu halten.
Flirt/Fool around (Herumalbern): Anton zeigt typische Übersprungshandlungen, um sich selbst zu beruhigen und die Situation zu deeskalieren. Er fängt zum Beispiel an, zu spielen.
Welches Verhalten Dein Hund zeigt, ist sehr individuell und hängt unter anderem von seinen situativen Möglichkeiten ab: Wenn ein Hund sich beispielsweise von einem Menschen bedroht fühlt, wird er womöglich zunächst versuchen, die Flucht zu ergreifen. Ist ihm das nicht möglich, weil er zum Beispiel angeleint ist, kann es sein, dass sein Verhalten in Erstarren (steife Körperhaltung) oder Aggression umschlägt. Er fühlt sich sprichwörtlich in die Ecke gedrängt und hat keine andere Chance, der bedrohlichen Situation zu entgehen. Geht der Mensch daraufhin weg, hat der Hund gelernt, dass diese Methode funktioniert. Er wird sie als geeignete Strategie verinnerlichen und nun auch in anderen angsteinflößenden Situationen zeigen. Dies macht deutlich, dass nicht nur der Auslöser, sondern auch das Verhalten des Besitzers einen entscheidenden Einfluss auf die Bewältigungsstrategie des Vierbeiners hat. Es liegt also in Deiner Verantwortung, Deinem Hund ein geeignetes Alternativverhalten beizubringen, zum Beispiel, sich bei Angst hinter Dich zu stellen. Um dies zu erreichen, ist jedoch je nach Ausprägung der Angst ein langwieriges Training erforderlich.
Ich habe einen Angsthund – was tun?
Wenn Du bemerkst, dass Dein Vierbeiner unverhältnismäßig ängstlich ist, solltest Du ihn zunächst von einem Tierarzt durchchecken lassen, um körperliche Ursachen wie Erkrankungen oder Schmerzen auszuschließen. Bestimmte organische, entzündliche oder hormonelle Krankheiten wie IBD oder Cushing können ebenso zu vermehrter Ängstlichkeit, Nervosität und/oder Aggression führen wie Schmerzen am Bewegungsapparat.
Sind körperliche Beschwerden als Ursache ausgeschlossen, ist es unbedingt empfehlenswert, sich professionelle Hilfe in Form eines Hundeverhaltenstherapeuten oder eines auf Angst spezialisierten Hundetrainers zu holen. Die Möglichkeiten und Optionen, mit Angsthunden zu trainieren, sind vielfältig. Leider sind es auch die Fehler, die man dabei machen kann. Daher ist es weder sinnvoll noch möglich, einen generellen Trainingsplan oder einzelne Methoden für „Angsthunde“ zu empfehlen, denn diese müssen individuell auf das Verhalten des jeweiligen Vierbeiners angepasst und sorgsam ausgewählt werden. Ebenso individuell wie der Hund und seine Angst sind auch die Trainingsansätze! Während bei Hund A zum Beispiel erfolgreich mit positiver Verstärkung trainiert werden kann, erreicht man damit bei Hund B im besten Falle gar nichts, im schlimmsten Fall jedoch eine Verschlimmerung der Situation. Ein Heranführen an angstauslösende Situationen ist ebenso nötig wie kritisch. Es sind Fingerspitzengefühl, exaktes Timing, ein objektiver Blick und umfassendes Wissen über Hundeverhalten vonnöten, um einen Angsthund zu entlasten. Daher führt an einer professionellen Begleitung meist kein Weg vorbei. Ja, das kostet. Und ja, es ist anstrengend. Doch mit erfahrener Unterstützung an Eurer Seite werdet ihr das meistern!
Dein Hundetrainer oder Verhaltenstherapeut wird Deinen Hund und Dich genau beobachten und Dir für den individuell Fall passende Trainingsmethoden wie die sog. Desensibilisierung (langsame Heranführung des angstauslösenden Reizes an den Hund) oder sukzessive Approximation (langsame Heranführung des Hundes an den angstauslösenden Reiz) vorschlagen. Eine enge Begleitung ist sinnvoll, um eine Verschlimmerung der Situation zu vermeiden. Unbedingt absehen solltest Du von einer eigenständigen, direkten Konfrontation mit dem Angstreiz.
Da die Trainingsmethoden individuell auf den Hund abgestimmt werden müssen, konzentrieren wir uns im Folgenden auf begleitende Maßnahmen bzw. generelle Verhaltenstipps.
Schimpfen und Bestrafen sind tabu
Generell lernen Hunde über positive Verstärkung besser als über negative Konsequenzen. Positive Verstärkung meint, dass gewünschte Verhaltensweisen belohnt werden. Bleibt Dein Vierbeiner also in einer bestimmten Situation ruhig, belohne ihn mit Leckerli oder einer Streicheleinheit. Schimpfe oder bestrafe ihn niemals, wenn er Angst hat, damit machst Du alles nur noch schlimmer und Du wirst genau das Gegenteil von dem erreichen, was Du möchtest. Die Angst wird sich vergrößern und in der Folge womöglich sogar auf Dich übertragen. Daher gilt: Schimpfen und Bestrafen sind tabu! Wenn Dein Hund Angst hat, ist es entscheidend, selbst ruhig zu bleiben und souverän, aber ohne Härte die Führung zu übernehmen.
Vertrauen schaffen und Bindung stärken
Die wichtigste Voraussetzung, um mit Angsthunden sinnvoll (und überhaupt) trainieren zu können, ist, dass Dein Hund Vertrauen zu Dir hat. Er muss lernen, dass Du den Alltag im Griff hast und souverän die Führung übernehmen kannst. Hierzu ist es erforderlich, dass Du Deinem Vierbeiner Sicherheit vermittelst. Dies gelingt am besten mit einer liebevollen, aber konsequenten Erziehung. „Konsequenz“ ist in keinem Fall mit Härte oder Druck gleichzusetzen. Wie geschrieben, gilt es, Schimpfen und Bestrafen unbedingt zu vermeiden. Versuche, auch abseits eurer Trainingseinheiten die Bindung zu stärken, zum Beispiel durch ausgiebige Kuscheleinheiten (sofern Dein Hund dies möchte) und gemeinsame Aktivitäten, die eine enge Zusammenarbeit erfordern, beispielsweise Fährtensuche oder Dummy-Training. Ziel ist es, dass Du und Dein Hund ein eingespieltes Team werden. Dein Hund muss lernen, dass er Dir und Deinem Urteil zu 100 % vertrauen kann. Aus diesem Grund solltest Du ihn auch nicht ignorieren, wenn er Angst hat. Die Behauptung, ein Hund dürfe dann nicht beachtet werden, da sich dadurch die Angst verstärkt, ist längst widerlegt. Ruhiges Zureden und Streicheln sind durchaus erlaubt und sogar förderlich! Dadurch wird das Bindungshormon Oxycotin ausgeschüttet, das zu einer Entspannung beim Hund beitragen kann. Wie würdest Du Dich fühlen, wenn Du von Deinen geliebten Menschen ignoriert wirst, wenn Du Angst hast? Würde sich dadurch die Angst legen? Sicher nicht. Ebenso wenig förderlich ist es jedoch, wenn Du nun selbst in Panik verfällst oder Deinen Hund übermäßig betüddelst. Rede ihm stattdessen gut zu und biete ihm geeignete Bewältigungsstrategien an, beispielsweise hinter Dir Schutz zu suchen, indem Du Dich zwischen Deinen Hund und das angstauslösende Objekt stellst.
Gemeinsame Aktivitäten stärken die Bindung, die wiederum die wichtigste Voraussetzung für ein erfolgreiches Training mit Angsthunden ist.
Ein geregelter, gleichbleibender Tagesablauf mit festen Ritualen trägt ebenfalls dazu bei, Deinem Hund Sicherheit zu vermitteln. Dazu gehören ähnliche Uhrzeiten für Gassirunden, Fütterung und gemeinsame Aktivitäten. Bei sehr ängstlichen Hunden kann es sinnvoll sein, sie zu Beginn aus der Hand zu füttern, um auf schnellem Wege Vertrauen aufzubauen.
Überforderung vermeiden und Grenzen erkennen
Es ist von zentraler Bedeutung, Deinen Hund nicht zu überfordern. Angst geht immer mit erheblichem Stress einher und kann die psychische und physische Gesundheit nachhaltig schädigen. Andererseits führt natürlich kein Weg daran vorbei, sich den Auslösern sukzessiv anzunähern – sofern sie nicht gänzlich zu vermeiden sind –, sodass Dein Hund geeignete Bewältigungsstrategien erlernen kann. Hier das richtige Mittelmaß zu finden, kann zur Gratwanderung werden. Gehe lieber in kleinen Schritten vor, als Deinem Hund zu viel auf einmal zuzumuten. Vermeide es, Deinen Liebling mit zu langen und/oder zu vielen Trainingseinheiten zu überfordern, und hole Dir, wenn möglich professionelle Hilfe, um seine Belastungsgrenzen zu erkennen. Eine direkte Konfrontation mit dem Angstauslöser solltest Du in jedem Fall vermeiden. Den Hund direkt in die Gefahrenzone zu führen, hätte lediglich zur Folge, dass er an Deinen Kompetenzen als Rudelchef zweifelt und eure Bindung leidet. Die Variante, dem Hund durch direkte Konfrontation zeigen zu wollen, dass nichts Schlimmes passiert, ist nicht erfolgversprechend, sondern führt im Zweifelsfall zu einer weiteren Traumatisierung. Eine Heranführung an das angstauslösende Objekt muss immer kleinschrittig und mit einem hohen Maß an Empathie und Hundeverstand erfolgen.
Daneben ist es von großer Wichtigkeit, Deinem sensiblem Vierbeiner ausreichend Entspannung zu ermöglichen. Er muss regenerieren, schlafen und Kraft tanken, um das Erlebte zu verarbeiten. Ein geschützter Rückzugsort zu Hause ist für alle Hunde wichtig, für Angsthunde jedoch umso mehr. Dieser sollte unbedingt in der Nähe des Rudels sein, auch nachts, denn Einsamkeit und das Gefühl, alleine zu sein, können die Angst verstärken. Um Stress abzubauen, eignen sich auch Kauartikel, mit denen der Hund eine Weile beschäftigt ist.
Angsthunde müssen unbedingt ausreichend entspannen, um die vielen Eindrücke, die auf sie einprasseln, zu verarbeiten
In diesem Zusammenhang sollte auch darauf aufmerksam gemacht werden, dass Mitleid oftmals ein schlechter Ratgeber bei der Hundewahl ist. Die Vorstellung, einen armen Hund zu „retten“ und ihm ein neues, glückliches Leben zu bieten, scheitert oftmals an der Realität, denn tiefe Traumatisierungen sind durch Liebe allein nicht zu kitten. Angsthunden ist am besten geholfen, wenn sie in ein Umfeld kommen, das zu ihnen passt. Ein Hund, der panisch auf Autos und Menschen reagiert, wird in einer Großstadt vermutlich niemals angstfrei leben können.