Mit pausenlos kreisenden Propellern fliegt der kleine bauchige Hubschrauber durch den grünen Dschungel, manövriert geschickt um Hindernisse und verharrt plötzlich auf der Stelle. Getarnt im Pflanzendickicht schleicht sich das gefährliche Raubtier an sein ahnungsloses Opfer an, nutzt jede Deckung und spannt sich vor dem tödlichen Stoß. Zwei Stories, eine Situation: Ein Erbsenkugelfisch auf Schneckenjagd im Aquarium ist beides: Ulkig anmutende Knutschkugel und effizienter Raubfisch. Bei genauerer Betrachtung outet sich jede seiner Veränderungen gegenüber der klassischen Fischgestalt als perfekte Anpassung an seine Lebensweise. Folge uns in die Welt eines der kleinsten und aquarientauglichsten Vertreter seiner Familie mit Spitznamen „Erbse“, eines Sympathieträgers mit Personality und der ein oder anderen Eigenheit.
Herkunft
Der Erbsenkugelfisch stammt aus den südwestlichen Regionen Indiens und kommt außerdem auf der dem Südzipfel Indiens vorgelagerten Insel Sri Lanka vor. Er lebt in sehr unterschiedlichen Gewässern, von kleinen Bächen über breite Flüsse bis hin zu Seen, besiedelt aber stets das gleiche Habitat: Der Erbsenkugelfisch bevorzugt schattige Zonen mit starkem Pflanzenwuchs und einer Laubschicht am Gewässerboden, die viele Versteckmöglichkeiten und entsprechende Nahrung für den Kugelfisch bieten.
Verhalten
Wie alle Kugelfische sind auch Erbsenkugelfische vor allem eines: Individualisten. Das bedeutet leider, dass Erfahrungen, die Du mit dem Verhalten eines Exemplars gesammelt hast, sich nicht immer auf den nächsten Vertreter derselben Art übertragen lassen. Das heißt aber auch, dass die Pflege von Erbsenkugelfischen immer wieder Überraschungen bietet und nie langweilig wird.
Erbsenkugelfische sind fast den ganzen Tag aktiv und schwimmen in dem ihnen eigenen gemächlichen Tempo auf der Suche nach Fressbarem, besonders kleinen Schnecken, durch alle Wasserschichten. Man sollte sich aber nicht täuschen lassen – wenn sie im Freiwasser Futter entdecken, einen Artgenossen oder auch einen anderen Fisch verjagen wollen, können sie blitzschnell durch das Aquarium schießen. Hat der Kugelfisch Hunger und der andere Fisch das Pech, unvorsichtig oder zu langsam zu sein, so fehlt ihm möglicherweise nach der Attacke ein Stückchen Flossengewebe – oder die „Erbse“ hat ihm gar mit seinem scharfen „Papageienschnabel“ ein kleines Loch in den Körper gebissen. Dieser „Schnabel“ besteht aus den zu großen Zahnplatten verschmolzenen Zähnen des Kugelfischs – perfekt geeignet, um die harte Schneckenschale seiner Lieblingsnahrung zu zerbeißen.
Allerdings ist eben nicht jeder Erbsenkugelfisch ein aggressiver Griesgram. Die Verträglichkeit steht und fällt außerdem mit dem Ernährungszustand des Kugelfisches. Sind stets genügend kleine Schneckchen im Aquarium vorhanden und erhält er außerdem bei den täglichen Fütterungen geeignete Nahrung (Mückenlarven gehen fast immer, Flocken werden nur von manchen Exemplaren akzeptiert), so hält sich sein Interesse an den Mitbewohnern meist in Grenzen. Aber eben nur meistens, denn wie schon erwähnt: Jeder Kugelfisch ist anders. Wenn er Dich dann aber aus seinen strahlend blauen Augen anschaut, die noch dazu unabhängig voneinander die Umgebung beobachten und das Pflanzendickicht besonders effektiv nach Fressbarem scannen können, dann ist alles Ungemach sofort vergessen und Du verliebst Dich aufs Neue in Deinen Unterwasserhubschrauber.
Beim Schwimmen hält er seine Schwanzflosse oft nicht aufgespannt wie viele andere Fische, sondern leicht zusammengelegt. Dadurch kann der Eindruck entstehen, er würde aus Unwohlsein die „Flossen klemmen“. Der Grund dafür ist sein ungewöhnliches Schwimmverhalten: Der Hauptantrieb beim Schwimmen erfolgt bei Kugelfischen durch die Rücken- und Afterflosse, während die Schwanzflosse nur für Richtungsänderungen zuständig ist. Dadurch erinnert das Schwimmverhalten des Erbsenkugelfischs tatsächlich oft an einen agilen Hubschrauber – vorwärts oder rückwärts schwimmen, auf dem Fleck wenden und in jede Richtung steuern, das alles ist für den Kugelfisch kein Problem.
Fischgerechte Unterbringung und Pflege
Zur Pflege eines Erbsenkugelfischs sind Aquarien ab 56 Liter ausreichend. Möchtest Du mehrere Exemplare pflegen, so sollte das Aquarium größer und vor allem mit Wasserpflanzen und Dekorationsgegenständen sehr gut strukturiert sein, so dass die Tiere einander nicht permanent sehen müssen und sich auch einmal aus dem Weg gehen können. Der verwendete Bodengrund sollte (wie bei allen Fischen) nicht scharfkantig sein, darüber hinaus stellt der Erbsenkugelfisch keine weiteren Anforderungen an den verwendeten Kies oder Sand, da sich „Erbsen“ im Unterschied zu manchen größeren Kugelfischverwandten nicht im Bodengrund eingraben. Auf dem Bodengrund liegende Seemandelbaumblätter oder getrocknetes Eichenlaub bieten eine sehr natürliche Optik und werden als Deckung bei der Jagd auf Schnecken genutzt.
Die Bepflanzung sollte üppig ausfallen, um Rückzugsmöglichkeiten zu bieten, gleichzeitig aber im vorderen Bereich ausreichend Schwimmraum freilassen. Da bei der Schneckenjagd von der falschen Seite eines Wasserpflanzenblattes schon einmal ein Loch in das Blatt gebissen wird, sollten keine allzu empfindlichen Aquarienpflanzen zum Einsatz kommen. Sowohl schnellwüchsige Stängelpflanzen wie Wasserpest oder Wasserfreund als auch relativ hartblättrige Aquarienpflanzen wie Speerblatt, Javafarn oder Vallisnerien kommen dauerhaft mit den Beschädigungen durch eine oder wenige Erbsenkugelfische aber gut zurecht.
Ein Aquarium für Erbsenkugelfische sollte vielfältige Strukturen bieten.
Erbsenkugelfische stellen keine großen Ansprüche an die Wasserwerte. Sie kommen mit Temperaturen von 22 bis 28 °C bei fast beliebiger Härte zwischen 5 und 25 ° GH aus und können sowohl bei saurem als auch alkalischem pH-Wert gepflegt werden (pH 6,8 – 8,3). Regelmäßige Teilwasserwechsel sorgen dafür, dass keine zu hohe Keimbelastung im Aquarium entsteht und tragen ebenso wie eine leistungsstarke Filterung zum Wohlbefinden der Kugelfische bei – allerdings sollte die Wasserströmung für die kleinen Hubschrauber nicht zu stark sein, da sie sonst viel Energie aufwenden müssen, um dauerhaft dagegen anzuschwimmen und zum Abmagern neigen.
Ernährung
Erbsenkugelfische sind bei der Ernährung recht wählerisch. Sie bevorzugen lebende Schnecken, wobei sie bei kleinen Exemplaren das ganze Schneckenhaus mit ihren kräftigen Schneidezähnen zerbeißen und dann den schmackhaften Weichkörper der Schnecke fressen und versehentlich aufgenommene Schalenstücke wieder ausspucken. Größere Schnecken versuchen sie aus der Schale zu ziehen oder beißen ihnen in Fühler und Kopfbereich, bis die Schnecke tot ist. In der Regel werden auch lebende oder gefrorene Mückenlarven, Wasserflöhe, Artemia Salzkrebschen und andere Futterorganismen gefressen; manche Exemplare lassen sich auch an Futterflocken oder Pellets gewöhnen.
Erbsenkugelfische (links ein Weibchen) nehmen zusätzlich zu Schnecken gerne Mückenlarven an.
Aber dieses Futter reicht für die dauerhafte Gesunderhaltung eines Kugelfisches nicht aus: Da die Vorderzähne – ähnlich wie bei Kaninchen – lebenslang wachsen, müssen sie durch das regelmäßige Zerbeißen von Schneckenhäusern abgenutzt werden. Findet der Kugelfisch keine hartschalige Nahrung, so werden die Schneidezähne immer länger, bis er irgendwann kein Futter mehr zu sich nehmen kann und elendig verhungert.