Beim sommerlichen Spazierengehen mit dem Vierbeiner lauert eine oftmals unterschätzte Gefahr: Grannen. Bohren sich die kleinen, spitzen Pflanzenteile in die Haut und dringen gar weiter ins Körperinnere vor, so können sie massive Probleme verursachen und sogar lebensbedrohlich sein. Insbesondere Grannen in Nase, Augen und Ohren können sich als äußerst gefährlich erweisen und machen eine zeitnahe Entfernung und Behandlung beim Tierarzt unumgänglich. In unserem Artikel erfährst Du, welche Symptome darauf hinweisen können, dass sich Dein Hund eine Granne eingefangen hat, und was im Fall der Fälle zu tun ist.
Was sind Grannen und warum sind sie für Hunde gefährlich?
Bei „Grannen“ (von althochdeutsch „grana“ = Barthaar) handelt es sich um borstenartige oder fadenförmige, feste Fortsätze an den Ähren verschiedener Getreidesorten und Süßgräser. Je nach Pflanze können sie eine unterschiedliche Form und Textur aufweisen, die meisten lassen sich als spitz zulaufend, starr und rau beschreiben. Das Tückische ist, dass sie über winzige Widerhaken verfügen, die sich in Haut und Schleimhaut bohren können, wo sie zu schmerzhaften Entzündungen und Verletzungen führen. Noch gefährlicher wird es, wenn sie weiter in den Körper vordringen, etwa in die Atmungsorgane oder das Innenohr.
Grannen sind spitz und steif, können sich in der Haut verhaken und durch Bewegungen passiv immer weiter in den Körper vordringen.
Die größte Gefahr besteht im Spätfrühjahr und den gesamten Sommer über. Besonders, wenn es sehr trocken ist, fallen die Ähren ab und die Grannen verteilen sich, bleiben an der Kleidung oder am Hund haften oder werden durch den Wind verbreitet. Somit ist es beinahe überall möglich, dass Dein Vierbeiner eine unangenehme Bekanntschaft mit Grannen macht, er muss dazu nicht durch hohe Wiesen flitzen.
Da sich die Symptome und auch die Gefährlichkeit von Grannen je nach Lokalisation unterscheiden, findest Du im Folgenden eine Beschreibung der häufigsten von Grannen betroffenen Stellen – Haut & Pfote, Nase & Atmungsorgane, Ohren sowie Augen – samt den auftretenden Symptomen und Risiken.
Granne an Haut & Pfote
Besonders häufig verhaken sich Grannen an dünnen Hautarealen wie Achseln, Leisten, Bauch und Genitalbereich, aber auch in den Zehenzwischenräumen bzw. den Pfoten allgemein. Dort werden sie von Deinem Vierbeiner als schmerzender Fremdkörper wahrgenommen und er wird versuchen, diesen durch Lecken wieder loszuwerden, wodurch sich die Situation jedoch nur verschlimmert, denn die Granne dringt aufgrund des Widerhakens immer tiefer in die Haut ein und ist dann nach kurzer Zeit von außen nicht mehr sichtbar. Hat sich eine Granne in den Zehenzwischenräumen oder der Pfote verhakt, so kann es neben hartnäckigem Belecken zu weiteren Symptomen kommen, etwa zu Humpeln, Lahmen oder anderen Schonhaltungen beim Gehen und Stehen, Bewegungsunlust oder -verweigerung.
Wird eine in die Haut eingedrungene Granne nicht alsbald entfernt, können sich schmerzhafte Entzündungen (erkennbar u. a. an Rötungen und Schwellungen) sowie Abszesse bilden, die nicht selten mit Fieber und Mattigkeit einhergehen. Spätestens jetzt ist eine tiermedizinische Behandlung unumgänglich!
Bemerkst Du eines oder mehrere der genannten Symptome bei Deinem Vierbeiner, solltest Du die betroffene Stelle genau in Augenschein nehmen: Steckt die Granne nur oberflächlich in der Haut, kannst Du versuchen, sie vorsichtig mit einer Pinzette zu entfernen. Ist dies nicht mehr möglich, da die Granne bereits zu tief in die Haut eingedrungen ist, oder bist Du nicht sicher, ob Du den Fremdköper komplett entfernen konntest, so ist ein Tierarztbesuch unumgänglich. In unkomplizierten Fällen wird Dir Dein Tierarzt eine Zugsalbe verordnen, die dazu dient, die Granne nach außen zu befördern bzw. zu „ziehen“, und zugleich eine entzündungshemmende und antibakterielle Wirkung hat. Sobald die Granne sichtbar wird, kann sie vorsichtig entfernt werden.
Hat sich jedoch bereits eine Entzündung oder ein Abszess durch eine unter der Haut sitzende Granne gebildet, so führt an einer chirurgischen Entfernung unter einer kurzen Vollnarkose meist kein Weg vorbei. Doch keine Sorge, hierbei handelt es sich in der Regel um einen unkomplizierten Routineeingriff! Danach muss Dein Liebling wahrscheinlich mit Antibiotika und Schmerzmitteln versorgt und die Wunde regelmäßig gut gereinigt werden, um eine schnelle Abheilung zu fördern und Sekundärinfektionen zu vermeiden.
Granne in Nase & Atmungsorganen
Beim Schnüffeln am Wegesrand kann es schnell passieren, dass der Vierbeiner eine Granne einatmet, die sich in der Nasenschleimhaut verhakt und im schlimmsten Fall immer tiefer in die Atmungsorgane „wandert“. Dies ist das gefährlichste Szenario und kann sogar lebensbedrohlich werden. So kann eine Granne bis zur Lunge vordringen und eine Bronchitis oder Lungenentzündung verursachen, die Lunge perforieren (durchstechen) oder sogar bis zum Herzen gelangen mit der gefürchteten Folge einer Herzbeutelentzündung, die nicht selten tödlich endet. Dies ist zwar äußerst selten, kann jedoch vorkommen und sollte Hundebesitzern daher bekannt sein, denn wer um die potenziellen Gefahren weiß, wird früher einen Tierarzt aufsuchen – und je eher die Granne entfernt wird, desto geringer das Risiko, dass sie Folgeschäden hinterlässt.
Eine Granne in die Nase zu bekommen, ist sehr gefährlich, kann jedoch beim Schnüffeln schnell passieren.
Hat sich eine Granne in der Nase Deines Vierbeiners verhakt oder ist in tiefere Atmungsorgane vorgedrungen, so zeigt sich dies an typischen Symptomen wie häufigem, anfallartigem Niesen, einseitigem Nasenausfluss (klar, eitrig oder blutig), einseitigem Augenausfluss, Kopfschütteln, Husten, Würgen, Kratzen sowie Reiben der Nase auf dem Boden oder an Möbeln. Hat sich bereits eine Entzündung entwickelt, können Fieber, Apathie, Mattigkeit, Fressunlust und andere unspezifische Allgemeinsymptome hinzukommen.
Zeigt Dein Vierbeiner eines oder mehrere dieser Symptome oder hast Du den Verdacht, dass er eine Granne (oder einen anderen Fremdkörper) in der Nase hat, solltest Du nicht viel Zeit verlieren und Deinen Tierarzt konsultieren. Dieser wird Deine Fellnase genau untersuchen und ggf. mittels einer Rhinoskopie („Nasenspiegelung“ = Untersuchung des Naseninneren), einer Bronchoskopie („Lungenspiegelung“ = Untersuchung von Bronchien und Lunge) oder anderer diagnostischer Verfahren feststellen, ob eine Granne die Ursache der Beschwerden ist. Ist dies der Fall, wird er sie sorgsam entfernen und Deinen Liebling mit Schmerzmitteln und Antibiotika versorgen. Je früher die Entfernung der Granne erfolgt, desto besser, denn so lassen sich die gefürchteten Folgen und Komplikationen meist vermeiden. Daher ist es besonders wichtig, bei den oben genannten Symptomen nicht zu viel Zeit verstreichen zu lassen und lieber auf Nummer sicher zu gehen. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass übliche bildgebende Verfahren wie Röntgen oder CT meist nicht aufschlussreich sind, da Grannen nicht röntgendicht erscheinen. Es ist also, selbst im MRT, nur eine Entzündung ersichtlich, die viele Ursachen haben kann. Daher ist eine möglichst frühzeitige Rhinoskopie (oder Bronchoskopie, wenn die Granne schon weitergewandert ist) wichtig, um sie adäquat diagnostizieren zu können.
Granne im Ohr
Dringt eine Granne ins Innenohr vor, so kann dies ebenfalls zu erheblichen Problemen führen, so etwa zu einer Innenohrentzündung, einer Verletzung des Trommelfells und im schlimmsten Fall sogar zu Hörverlust. Grannen im Ohr äußern sich zunächst in Symptomen wie Kratzen, Kopfschütteln, Kopfschiefhaltung, Schmerzen und Berührungsempfindlichkeit, im weiteren Verlauf kann es zu Gleichgewichtsstörungen und Entzündungen kommen, die mit Mattigkeit, Fieber und einem unangenehmen Geruch aus den Ohren einhergehen können.
Besteht der Verdacht, dass sich eine Granne (oder ein anderer Fremdkörper) im Ohr befinden könnte, so sollte zeitnah ein Tierarzt aufgesucht werden. Mittels eines Otoskops wird dieser die Ohren Deiner Fellnase genau untersuchen, die Granne entfernen und Deinen Vierbeiner mit Schmerzmitteln und Antibiotika versorgen.
Granne im Auge
Bedenkt man, dass bereits eine Wimper im Auge zu einem unangenehmen Störgefühl führt, kann man sich leicht vorstellen, wie schmerzhaft es ist, wenn eine Granne mit ihrer rauen Textur und ihrer widerhakenbewehrten Spitze ins Auge gelangt. So wird auch Dein Vierbeiner unmittelbar mit typischen Anzeichen reagieren, das betroffene Auge zukneifen und sich kratzen. Nicht selten kommt es zu einer Bindehautentzündung (Konjunktivitis) mit geröteten, tränenden Augen und/oder Schwellungen, auch Verletzungen der Hornhaut sind möglich. Häufig wird eine Granne durch die vermehrte Produktion von Tränenflüssigkeit wieder ausgespült, jedoch nicht immer. Da mit Verletzungen am Auge nicht zu spaßen ist, solltest Du im Verdachtsfall schnellstmöglich eine Kontrolle beim Tierarzt einplanen.
Grannen im Auge führen häufig zu einer Bindehautentzündung und bedürfen einer tiermedizinischen Behandlung.
Wann zum Tierarzt?
Hat sich eine Granne oberflächlich in der Haut verhakt, kannst Du vorsichtig versuchen, sie mit einer Pinzette zu entfernen. Desinfiziere anschließend die Stelle und beobachte sie gut, um sicherzugehen, dass keine Pflanzenreste zurückgeblieben sind, die zu Problemen führen könnten.
Vermutest Du jedoch aufgrund der oben beschriebenen Symptome eine Granne in der Nase, im Auge oder im Ohr, solltest Du in jedem Fall einen Tierarzt aufsuchen, um den Fremdkörper fachmännisch entfernen zu lassen und Folgeprobleme zu vermeiden.
Grannen vorbeugen
Zwar lässt sich die Gefahr, dass sich Dein Vierbeiner bei einem Sparziergang eine Granne einfängt, nicht komplett eliminieren, mit einigen Vorsichtsmaßnahmen kannst Du sie jedoch reduzieren.
So ist es ratsam, Hunde nicht durch hohe Wiesen und Getreidefelder streifen zu lassen (was zum Schutz der Ernte und von Wildtieren ohnehin vermieden werden sollte). Dabei ist zu beachten, dass Grannen so klein und leicht sind, dass sie über den Wind beinahe überallhin verteilt werden. So kann sich Dein Liebling auch auf einem normalen Weg eine Granne einfangen – selbst auf kleinen Grünstreifen mitten in der Stadt wachsen vereinzelt Getreide- oder Süßgräserhalme. Aus diesem Grund ist es wichtig, auf die oben beschriebenen Symptome und ungewohnte Verhaltensweisen zu achten, um möglichst schnell zu bemerken, wenn sich eine Granne in der Haut festgesetzt hat oder gar tiefer in den Körper vorgedrungen ist. Beachte dabei, dass eine Granne von außen nicht mehr sichtbar ist, wenn sie bereits in die Haut eingedrungen ist.
Nach jedem Gassigang sollte der Vierbeiner einmal komplett auf Grannen und andere Fremdkörper gecheckt werden – so können sie oftmals ohne weitere Probleme entfernt werden. Hilfreich kann es außerdem sein, das Fell des Vierbeiners ein wenig zu kürzen, insbesondere an Stellen, an denen sich gerne Grannen verfangen, zum Beispiel an den Pfoten.
Fazit
Grannen stellen eine oftmals unterschätzte Gefahr für unsere Hunde dar, denn die kleinen, spitzen Pflanzenfortsätze können sich mit ihren Widerhaken in Haut und Schleimhäute bohren und je nach Lokalisation zu schmerzhaften Verletzungen und Entzündungen führen. Insbesondere Grannen in Nase, Augen oder Ohren können sehr gefährlich – sogar lebensgefährlich – sein und müssen schnellstmöglich vom Tierarzt entfernt werden, um Folgeprobleme wie eitrige Abszesse, eine Perforation der Lunge oder eine Herzbeutelentzündung zu vermeiden. Hast Du den Verdacht, dass sich Dein Liebling eine Granne eingefangen haben könnte, solltest Du zeitnah einen Tierarzt konsultieren, denn frühzeitig erkannt lassen sie sich meist gut entfernen.