
Menschen mit Hund gehören einem kleinen inoffiziellen Club an, dessen Gepflogen- und Gewohnheiten auf Zeitgenossen mitunter skurril oder befremdlich – um nicht zu sagen: leicht bizarr – wirken können. In diesem Club jedoch sind sie völlig normal. Wir vom Club leben in unserer eigenen Welt und haben unsere eigenen Regeln. Doch warum ist das eigentlich so? Gibt es ein Hundemenschen-Gen, das zu seltsamen Verhaltensweisen führt? Ist in unserer Sozialisation etwas gehörig schiefgelaufen? Oder ist es der Lauf der Dinge, dass Menschen, die täglich Kot von Bürgersteigen aufsammeln, 100 Mal hintereinander einen Ball auf die Wiese werfen oder entzückt sind, wenn der Vierbeiner Pfote geben kann, irgendwann ein klein wenig verrückt werden? Man weiß es nicht. Bist Du auch Mitglied des Clubs und erkennst Dich in einigen der folgenden Situationen wieder?
Ach, und übrigens: Vorsicht, Ironie!
Ich bin Expertin für Hundeernährung
Schmeckt´s?
Eine Gemeinsamkeit von Mitgliedern des inoffiziellen „Hundemenschenclubs“ besteht oftmals darin, dass sie wahre Experten für die Ernährung ihrer Fellnasen sind: Mit anderen Clubmitgliedern wird dann über die Supplementierung von Jod beim Barfen gefachsimpelt, virtuos mit wechselnden Futterölen hantiert, die Auswirkung von verschiedenen Futterbestandteilen auf Häufigkeit, Konsistenz und Umfang der Ausscheidungen analysiert oder in empirischen Heim-Studien die optimale Ernährung erprobt. Leckerchen werden nicht nur nach Geschmack, sondern vor allem nach ihren Inhaltsstoffen ausgesucht, und liegt der Hund 100 Gramm über seinem Idealgewicht, ist „FdH“ (Friss die Hälfte) angesagt – aber natürlich nur bei Leckerli. Nach einem kleinen Betthupferl für die Fellnase, um zu verhindern, dass sie nachts Sodbrennen bekommt, wird mit einem Seufzer der Ofen geöffnet und die Fertigpizza hineingeschoben. Hauptsache, dem Hund geht es gut, oder?
Ich kenne alle Gassibekanntschaften beim Namen – also die Hunde!
Hallo Leila, willst du spielen? Ja feeeeein, Fridolin, da hast Du ja ein ganz tolles neues Geschirr! Wie groß der Ole schon geworden ist! Mitglieder des inoffiziellen Hundemenschenclubs kennen das nur zu gut: Die Namen aller Gassifreunde des Vierbeiners sind einem bekannt, doch über den Menschen am anderen Ende der Leine weiß man nichts. Wie heißt er? Keine Ahnung. Was macht er beruflich? Nicht den leisesten Schimmer! Während man bei den menschlichen Begleitern nicht einmal die Eckdaten deren Lebens kennt, sind einem die Blutwerte, OP-Narben und psychischen Probleme ihrer vierbeinigen Kompagnons bestens vertraut. Trennen sich die Wege wieder, fühlt es sich an, als würde man einen guten Bekannten verabschieden, obwohl man doch nichts übereinander weiß.
Ich rutsche für meinen Hund im Bett zur Seite
Hast Du´s gemütlich? Noch ein weicheres Kissen? Nee? Oder mehr Decke?
Menschen, die es schon absonderlich finden, dass Hunde in den Betten ihrer Besitzer schlafen, müssen jetzt ganz stark sein! Meine persönlich durchgeführte empirische Studie hat Ungeheuerliches ergeben: Hundebesitzer rutschen zur Seite, wenn die Fellnase ihnen nur fest und ausdauernd genug die Pfoten in den Rücken drückt, kauern sich mit aus dem Bett hängenden Füßen oder Armen ganz an den Rand, damit der Hund gemütlich alle Viere von sich strecken kann, oder geben sogar freiwillig den Großteil ihrer Decke ab, weil´s der Hund eben gerne warm hat. Bei mehr als einem Hund muss man ohnehin sehen, wo man bleibt, schließlich ist das Bett nicht etwa Eigentum des Menschen (der es bezahlt hat), sondern die persönliche Wohlfühlzone des kompletten Rudels! Aber mal ehrlich, leises Hundeschnarchen im Ohr und behagliche Seufzer sind schlaffördernder als sanft gegen das Fenster prasselnder Regen. Oder Meeresrauschen. Die Einschlaf-App erübrigt sich, und das Fazit des Hundemenschen ist: Einen Hund im Bett zu haben, ist gesund!
Ich wähle meine Kleidung nach der Fellfarbe meines Hundes
Na gut, ganz so schlimm ist es dann doch nicht, jedenfalls nicht in dem Sinne, dass ein farblicher Partnerlook angestrebt wird. Aber wer helle Hunde hat, der weiß, dass die schwarze Bluse darüber not amused ist! Sie kann abgeschottet und gänzlich isoliert von der häuslichen Außenwelt im Schrank hängen und trotzdem sind garantiert Haare des Vierbeiners darauf, sobald man sie anziehen möchte. Mit beachtlicher, fast organischer Kraft klammern sie sich fest, als wollte der Hund durch sie sagen: Und in jedem Moment, in dem Du ohne mich Spaß hast, denkst Du an mich! Und so ist es dann auch. In jedem Fall sind Fusselrollen des Hundemenschen bester Freund!
Ich entschuldige mich bei meinem Hund
Auch das ist etwas, das Nicht-Hundemenschen vermutlich äußerst skurril und befremdlich erscheint, schließlich versteht der Hund doch gar nicht, was man sagt. Oder? Ich sage: Er tut es! Wenn ich ihm versehentlich auf den Fuß trete, schaut er mich völlig entgeistert an. „Sag mal, geht’s noch?“, scheint er zu sagen. Ein schlichtes „Entschuldigung“ besänftigt ihn sofort, dann wird großherzig und mit viel Tamtam verziehen, gewedelt und alles ist gut. Hunde verstehen, was wir ihnen vermitteln möchten. Natürlich tun sie das mehr durch Tonfall und Gestik, aber ich bin mir sicher, dass mein Hund weiß, was das kleine Wörtchen bedeutet. Sagt der Hundemensch. Und ich geb´s zu: Ich wünsche meinem Hund auch guten Appetit!
Ich mache Urlaub in Deutschland
Das satirische Lied von Rainald Grebe ist für Mitglieder des inoffiziellen Hundeclubs Realität: „Urlaub in Deutschland, darauf hab ich Bock! Die Mosel, die Mosel, die Mosel, die rockt, die rockt, die rockt.“ Ähm ja, so oder so ähnlich mag sich der Hundemensch den Deutschlandurlaub schönreden. Palmengezierten Sandstränden, Tauchgängen in türkisblauem Wasser und Jeep-Touren durch die Wüste wird konsequent eine Absage erteilt. Die Urlaubsdestination wird nach ganz anderen Gründen ausgewählt: Darf der Hund mit? Ist das auch nicht zu weit? Kann man da gut mit ihm laufen? Muss er an der Leine bleiben? Sind da auch alle nett zu ihm? Statt All Inclusive, Sightseeing oder 30 Grad im Schatten sind die Auswahlkriterien für das Urlaubsziel die bis dorthin zurückzulegenden Kilometer, die Hundefreundlichkeit der Ferienhaus-Vermieter oder der Grad der Abgeschiedenheit. Wenn dann die Wahl auf ein entlegenes Dorf im Bayrischen Wald (nichts gegen den Bayrischen Wald, damit wir uns hier nicht falsch verstehen!) fällt, packt der Hundemensch ebenso euphorisch seine und des Hundes Köfferchen, als würde es auf eine Pazifik-Kreuzfahrt gehen. Denn die macht ohne Hund sowieso keinen Spaß!
Lieber in der Pampa zelten, als den Hund zu Hause zu lassen? Willkommen im Club!
Ich weiß nicht, ob mein Tetanusimpfschutz aktuell ist
Du weißt nicht, wann Du zuletzt gegen Tetanus geimpft wurdest, hast aber bereits den nächsten Tierarzttermin für die Auffrischungsimpfung von Bello vereinbart? Willkommen im Club! Ja, so machen wir das im inoffiziellen Hundemenschenclub: Wir sind immer up to date, was unsere Vierbeiner betrifft, kennen die Impfintervalle und lassen keinen Termin ohne schlechtes Gewissen sausen. Aber bei uns selbst? Na, man weiß doch, dass die Impfungen eh länger halten als angegeben, da wird es schon nichts machen, wenn sich die Tetanus-Impfung um zwei Jahrzehnte verschiebt. Oder: Ach, da wird schon nichts passieren! Oweia!
Ich finde, mein Hund riecht gut
Es gibt wohl nicht viel, das so beruhigend ist, wie mit dem geliebten Vierbeiner auf der Couch zu liegen und die Nase in sein Fell zu drücken. Ich lehne mich sicherlich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, dass Herrchen oder Frauchen dann manches Mal denkt: Du riechst gut! Nach Erde und Wald, vertraut, tröstlich und nach Zuhause. Nicht-Clubmitglieder denken im selben Moment: Boah, der stinkt! Wissenschaftliche Fakten geben Frauchen und Herrchen Recht: Die Mischung aus Schweiß und Bakterien an den Pfoten lässt den Geruch nach Popcorn entstehen! Das Ganze nennt sich „Frito-Feet-Phänomen“.
Was haben Hundepfoten und Popcorn gemeinsam?
Ich kann meinem Hund nicht böse sein
Der Einzug eines Hundes ist wie Silvester: Erfüllt von Vorfreude und Zuversicht ist man voller guter Vorsätze: Gut erzogen wird er sein, der kleine Welpe, nicht aufs Sofa springen und nicht im Bett schlafen, beim Füttern wartet er brav ab, bis er das Okay bekommt, und beim Gassigehen läuft er gehorsam Beifuß. Und zwar immer und ausnahmslos. Zwei Jahre später: Nach einer Gassirunde mit genüsslichem Ganzkörperbad im Matsch inklusive anschließender Panade im Sand stürmt der Vierbeiner die Wohnung, rennt wild durch alle Zimmer, schüttelt sich direkt neben dem Bett und möchte sich soeben genüsslich auf dem Sofa ausstrecken, als man dem Treiben endlich mit energischer Stimme ein Ende bereiten kann. Während man leise fluchend Pfotenabdrücke von Teppichen schrubbt und das Bett neu bezieht, kommt der Vierbeiner um die Ecke: Kopf leicht nach unten geduckt, Ohren angelegt, große Kulleraugen und leicht kokett wedelnder Schwanz. Du weißt, es ist eine Masche, Deine Fellnase will Dich eiskalt reinlegen, aber Du kannst nicht anders: Verschwunden sind alle bösen Gedanken, die man hatte, und mit einer ausgiebigen Streicheleinheit wird der Vierbeiner dafür gelobt, dass er da ist. Seinem Hund kann man einfach nicht länger als 5 Sekunden böse sein.
Fazit
Menschen mit Hund scheinen eine ganz eigene Spezies zu sein. Homo canis. Sie haben und pflegen ihre kleinen alltäglichen Verrücktheiten. Und das ist absolut in Ordnung. Wie heißt es doch so schön? Ich lebe in meiner eigenen Welt, aber das ist ok. Man kennt mich dort. Zum Glück gibt es ja genug andere Menschen unseres Schlags, die sich mit Begeisterung über die Skurrilitäten des Alltags mit Hund austauschen. Und so entstehen ganz wunderbare Verbindungen. Und unsere Hunde? In ihrem Blick meint man manchmal ein „Die spinnt“ zu lesen, aber dann freuen sie sich doch darüber, dass sie mit ins Bett dürfen oder auf dem Sofa die neue Netflix-Serie mitschauen dürfen.
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