Eine laue Samstagnacht im März. Die Ostermette ist vorbei, die Osterfeuer glimmen nur noch sanft und alles schläft tief und träumt vom großen Osteressen. Alles schläft? Nicht ganz! Ein fleißiges kleines Fellknäuel mit langen Ohren und einer großen Kiepe auf dem Rücken saust hakenschlagend von Haus zu Haus und Garten zu Garten und versteckt die Vorräte aus seinem Korb. Bereitet er sich etwa schon auf den nächsten Winter vor? Wer ist der kleine Kerl und wie kam er zu seinem Job?
In unserem Steckbrief erfährst Du alles Wissenswerte über Meister Lampe im Spezialeinsatz.
Verbreitung des Osterhasen
Ursprünglich kam der Osterhase nur in Deutschland vor. Aufgrund seines nützlichen Verhaltens gelang ihm jedoch innerhalb der letzten Jahrhunderte eine fast weltweite Verbreitung, wobei er im Gegensatz zu Maus und Ratte nicht als Kulturfolger, sondern vielmehr als Kulturpionier zu bezeichnen ist, da er in den neu besiedelten Gebieten seine Gebräuche mit leichten Anpassungen erfolgreich etablieren konnte.
Allerdings wird er im englischsprachigen Raum häufig fälschlich als „Easter Bunny“ bezeichnet, obwohl ihn die längeren Ohren deutlich als echten Hasen und eben nicht als Kaninchen ausweisen. Regional zunächst erfolgreiche Konkurrenten, die ebenfalls Ostereier auslieferten, wie der westfälische Osterfuchs, mussten sich dem cleveren Langohr schnell geschlagen geben und sich ganz anderen Beschäftigungen zuwenden. Weitere Ostereier-Überbringer wie der Storch in Thüringen, der Hahn in Böhmen oder der Kuckuck in der Schweiz mussten ihre Tätigkeit ebenfalls einstellen, als klar wurde, dass niemand daran glauben wollte, dass diese Vögel bunte Eier legen.
So gelang es dem Osterhasen durch geschickte Marktmanipulation, ein weitgehendes Monopol auf das Verstecken von Ostereiern zu erlangen. Weihnachtsmann, nimm Dich in Acht!
Verwechslungsgefahr: Der hier bringt die Babys nicht die Ostereier!
Zusatzinfo: Nur in Australien besteht seit den 1970er Jahren eine erfolgreiche Kooperation mit dem heimischen Kaninchennasenbeutler, der seither als „Easter Bilby“ ebenfalls Ostereier verstecken darf. Dadurch konnte diese, wie viele andere dort heimische Beuteltierarten vom Aussterben bedrohte, Spezies stärker in das Bewusstsein der Bevölkerung gerückt werden.
Das Verhalten des Osterhasen
Wie eingangs beschrieben, sieht man den Osterhasen meist nicht, weil er nur dann unterwegs ist, wenn alles schläft und selbst passionierte Osterhasenforscher nur selten bereit sind, sich die Osternacht um die (aus Osterhasensicht) erbärmlich kleinen Ohren zu schlagen. Insbesondere seine Logistikprozesse hält der Osterhase streng geheim und nur in Ausnahmefällen finden sich Herstellerangaben auf den versteckten Eiern, die genauere Rückschlüsse auf die Lieferketten zulassen.
Bei den üblicherweise verteilten bunten Eiern mit Proteinfüllung ergaben Laboranalysen eine hohe Übereinstimmung mit Dinosaurier-DNA, was auf eine sehr lange Tradition hindeutet. Wer weitere sachdienliche Angaben zum Freizeitverhalten des Osterhasen machen kann, möge sich ein Beispiel an der Verschwiegenheit des Osterhasen nehmen und diese für sich behalten. Auch eine Symbolfigur hat schließlich ein Anrecht auf Privatsphäre!
Der Osterhase operiert natürlich im Geheimen – nur ganz selten gelingt es, einen Blick auf ihn zu erhaschen!
Osterhasengerechte Ernährung
Früher war es üblich, dem Osterhasen im Tausch für seine Eier Karotten vor die Tür zu legen. Heute unterbleibt dies leider immer häufiger, und so ist es fraglich, wie lange der Osterhase seine Dienste noch unentgeltlich verrichten wird. Wie alle Hasenartigen verfügt er über einen Stopfmagen und muss auch bei der Arbeit regelmäßig kleine Portionen Nahrung zu sich nehmen. Muss in seinen Korb neben den Ostereiern auch noch eine Vesperbox mit Karottenscheiben passen, nimmt leider zwangsläufig die Anzahl der pro Tour ausgelieferten Eier ab.
Tipp: Im Gegensatz zu Zwergkaninchen, denen Süßigkeiten auf den Magen schlagen, nimmt der Osterhase seine Karotten auch gerne in Form eines Stückes Karottenkuchens entgegen.
Fortpflanzung des Osterhasen
Die Vermehrung des Osterhasen birgt noch viele Geheimnisse. Es gibt sich hartnäckig haltende Gerüchte, nach denen der Osterhase die Ostereier nicht nur verteilt, sondern auch selbst legt. Allerdings wurden – ob aus Übersättigung, aus Vergesslichkeit oder weil sie einfach zu gut versteckt waren – immer wieder Ostereier in Schubladen und Kühlschränken, auf Terrassen, unter Bäumen und in Beeten teils für viele Monate inkubiert, ohne dass auch nur einmal ein erfolgreicher Schlupf von Osterhasenbabys beobachtet wurde.
Man darf also getrost davon ausgehen, dass die Ostereier nur ein Ablenkmanöver sind, um die wahren Fortpflanzungsaktivitäten des Osterhasen zu verschleiern. Neuere Studien deuten darauf hin, dass möglicherweise der Osterhase der Kuckuck unter den Säugetieren ist und sich in den ruhigen 11 Monaten häufiger mit Kaninchendamen aus der näheren Umgebung trifft. Das könnte bedeuten, dass der Ehrentitel des Osterhasen sich nicht automatisch vererbt, sondern in jeder Generation in einem langwierigen Auswahlprozess, der alle 4 Jahre auf den Osterinseln stattfindet, nur den am besten geeigneten Langohren verliehen wird.
Zusatzinfo: Wusstest Du, dass die im Meer lebenden und zu den Nacktkiemerschnecken gehörenden Seehasen ihren Namen den hasenohrenähnlichen Rhinophoren am Hinterkopf verdanken? Das sind Geruchssinnesorgane, die ihnen beim Auffinden von Nahrung helfen. Der Seehase legt nachweislich Eier, die er allerdings wohl nicht bemalt.
Fazit
Unsere Ausführungen bringen uns an den Punkt, mit Fug und Recht behaupten zu können, dass die Existenz des Osterhasen wissenschaftlich eindeutig belegt ist! Wenn Du Dich in der Osternacht ganz vorsichtig und möglichst leise auf die Lauer legst, wirst Du im Licht des abnehmenden Ostermondes vielleicht einen Blick auf den Schatten eines langen Schlappohres erhaschen, das hakenschlagend durch Deinen Garten hoppelt, um dort kleine Köstlichkeiten im Eier-Format zu verstecken! Aber vergiss nicht, ein Bund Möhren auf Deine Schwelle zu legen, damit der Osterhase Dich auch im nächsten Jahr wieder beehren wird.
Ganz wichtig: Über ein paar Möhren freut der Osterhase sich ganz besonders und kommt dann auch gerne ich kommenden Jahr wieder bei Dir vorbei!