Wellensittich zähmen - so gewöhnst Du Wellensittiche an die Hand
Wellensittiche sind von Natur aus scheue und schreckhafte Tiere – das müssen sie auch sein, denn nur so haben sie die Chance, in freier Wildbahn zu überleben. Ihre Umgebung haben die Vögel stets genau im Blick, um bei einer potenziellen Gefahr, etwa wenn sich ein Raubtier nähert, blitzschnell das Weite suchen zu können. Diese Urinstinkte sind tief in den Genen der kleinen Papageien verankert, und die damit verbundenen Verhaltensweisen (Flucht oder auch Erstarren) laufen ganz automatisch ab. Zieht also ein Paar oder ein kleiner Schwarm Wellensittiche bei Dir ein, so ist es ganz normal, dass sie zunächst etwas schreckhaft und ängstlich oder gar panisch reagieren, sobald Du Dich ihnen näherst und zum Beispiel die Türe der Voliere öffnest. Doch keine Sorge: Mit viel Geduld, Zuneigung sowie ein paar Tricks werden sich ihre Gemüter bald beruhigen – sie werden sich an Deine Anwesenheit und Deine Stimme gewöhnen und lernen, dass Du ihnen nur Gutes willst. Dies wird nach und nach zu mehr Mut führen, mit Dir in Kontakt zu treten. Doch wie kann es gelingen, Deine kleinen Gefährten an Deine Hand zu gewöhnen und sie zu „zähmen“? Wie kannst Du bei der Mission „Wellensittich handzahm machen“ schnell Fortschritte erzielen? Und werden eigentlich alle Wellensittiche zahm? Das erfährst Du in unserem Artikel! 

Was bedeutet „Zähmen“? 

„Zähmen“ ist ein Begriff, der häufig negativ konnotiert ist und bei vielen Menschen das ungute Gefühl hinterlässt, hier würden Tiere in irgendeiner Weise ihrer Natur zuwider behandelt, dem Menschen zu Willen gemacht oder von ihm dressiert, um eine Funktion zu erfüllen – nämlich ein niedliches und zutrauliches „Haustier“ zu sein. So möchten wir den Begriff jedoch keinesfalls verstanden wissen. Vielmehr meinen wir damit, das Vertrauen der Tiere zu gewinnen, sie zu überzeugen, dass es nicht nur ungefährlich, sondern sogar positiv für sie ist, sich auf „ihre Menschen“ einzulassen – ganz im Sinne der schönen Geschichte in Der kleine Prinz von Antoine de Saint-Exupéry: Der kleine Prinz möchte vom Fuchs wissen: „Was bedeutet zähmen?“, worauf dieser ihm antwortet: „Es bedeutet sich vertraut miteinander machen.“ 

Gegenseitiges Vertrauen ist also das große Ziel der „Wellensittich-Zähmung“, wobei es die Bedürfnisse und Grenzen der kleinen Papageien immer zu erfassen und zu berücksichtigen gilt. Gelingt es, sich miteinander vertraut zu machen, so hat dies positive Auswirkungen für alle Beteiligten: Du kannst Dich über neugierige und aufgeschlossene Piepmätze freuen und alltägliche Aufgaben wie die Fütterung, die Reinigung oder auch das Umsetzen in die Transportbox ohne aufgeregtes oder gar panisches Geflatter erledigen. Für Deine Vögel wiederum entsteht ein Gefühl der Sicherheit und des Schutzes, was ihr Wohlbefinden und ihre Lebensqualität stark erhöht. Eine Win-win-Situation also, für die es sich lohnt, die dafür erforderliche Zeit und Geduld aufzubringen! 

Grundvoraussetzung schaffen: Wellensittiche brauchen Sicherheit 

Noch vor allen Trainingsmaßnahmen, die zum Ziel haben, dass Deine Wellensittiche ein Leckerli aus Deiner Hand nehmen, sich sanft kraulen lassen oder sogar auf den Arm klettern, steht also die Mission im Mittelpunkt, ihr Vertrauen zu gewinnen und ihnen Sicherheit zu vermitteln. Ein starkes Sicherheitsgefühl ist die Grundvoraussetzung dafür, dass es Deine kleinen Papageien überhaupt wagen werden, sich Dir anzunähern und Kontakt zu suchen. Bedenke dabei immer, dass es für die Vögel, deren gesamter Organismus auf schnelle Flucht ausgerichtet ist, eine große Herausforderung darstellt, ihre Scheu zu überwinden. Jeder Schritt in die richtige Richtung ist also ein echter Vertrauensbeweis und großer Erfolg! 

Doch wie gelingt es, für Sicherheit zu sorgen? Wellensittiche fühlen sich dann wohl und geborgen, wenn ihre Umgebung tiergerecht gestaltet ist und ihre Grundbedürfnisse nach sozialem Anschluss, Bewegung und Schutz erfüllt sind, sie also z. B. gemeinsam mit Artgenossen leben können, viel Platz in der Voliere und auch zum freien Fliegen zur Verfügung haben und jederzeit einen sicheren Rückzugsort aufsuchen können. Hier haben wir für Dich zusammengefasst, welche Aspekte bei der Haltung von Vögeln unbedingt zu berücksichtigen sind. 

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Wellensittiche brauchen Artgenossen, viel Bewegung und Schutz, um sich wohlzufühlen und gesund zu bleiben. 
 
Bevor Du also mit dem Training zur Zähmung Deiner Schützlinge startest, solltest Du sichergehen, dass sie alles haben, was sie brauchen. Idealerweise ist die Voliere bereits komplett eingerichtet, bevor die Wellensittiche bei Dir einziehen, um ihnen dann möglichst viel Ruhe zu gönnen und sie nicht mit dem nachträglichen Anbringen von Einrichtungsgegenständen zu erschrecken. Lasse Deine Gefährten in Ruhe ankommen und ihre nähere Umgebung erkunden und beschränke die Interaktion mit ihnen für einige Tage auf das Nötigste (Fütterung, Wasser wechseln, Reinigung). 
 

Wellensittiche an den Menschen gewöhnen 

Während Du Deinen neuen Mitbewohnern in den ersten Tagen möglichst viel Ruhe gönnst, bis sich die Aufregung gelegt hat, musst Du jedoch keinesfalls untätig bleiben, sondern kannst schon einmal damit starten, Deine Wellensittiche an Deine Anwesenheit und Deine Stimme zu gewöhnen. Dies gelingt, indem Du viel Zeit im Zimmer verbringst, in dem die Voliere steht, also beispielsweise auf dem Sofa ein Buch liest, am Computer arbeitest oder ein Puzzle legst. Stehe hin und wieder auf und gehe ein bisschen umher, auch an der Voliere vorbei. Achte dabei immer auf die Reaktion Deiner Vögel: Wenn sie wild flattern und sich erschrecken, solltest Du die Distanz wieder vergrößern. Sprich außerdem viel mit Deinen Wellis, sodass sie sich an Deine Stimme gewöhnen, und achte dabei auf einen ruhigen und sanften Tonfall. Deine Vögel werden Dich ganz genau beobachten und nach und nach lernen, dass von Dir keine Gefahr ausgeht. Sie werden zunehmend entspannter und neugieriger werden und schließlich auch dann nicht mehr erschrecken, wenn Du Futter oder Wasser wechselst. Bleiben sie dabei ruhig sitzen und beobachten neugierig Dein Tun, ist die erste Hürde genommen und Deine Gefährten sind bereit für den nächsten Schritt der Mission „Wellensittich handzahm machen“. 

Die magische Kraft von Kolbenhirse 

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Kolbenhirse erweist sich bei der Zähmung von Wellensittichen als äußerst hilfreich!

Eine bewährte Methode, Wellensittiche an die menschliche Hand zu gewöhnen, ist es, auf die „magische Kraft“ von Kolbenhirse zurückzugreifen, denn diese ist einerseits eine ganz besondere Leckerei für fast alle Wellensittiche, andererseits bietet sie aufgrund ihrer Länge auch die Möglichkeit, den Arm quasi zu „verlängern“. Den Stängel der Kolbenhirse zwischen die Finger geklemmt, kannst Du Deinen Vögeln deutlich näher kommen als mit der bloßen Hand, die sie zunächst noch erschrecken wird. Doch das direkte Anbieten der Hirse ist der letzte Schritt – fangen wir ganz von vorne an: 

Durchs Gitter füttern: Besorge Dir rote oder gelbe Kolbenhirse im Fachhandel und klemme ein kleines Stückchen von außen in das Gitter der Voliere, sodass Deine Schützlinge von innen zwar herankommen, sich dazu aber direkt an das Gitter wagen müssen. Entferne Dich dann wieder vom Gehege und beobachte, was Deine Vögel nun machen. Vermutlich werden sie sich den Kopf zerbrechen, ob es sich lohnt, den Leckerbissen zu inspizieren. Du kannst den Schwierigkeitsgrad etwas senken, indem Du für eine gute Lande- und Sitzmöglichkeit direkt unterhalb der Kolbenhirse sorgst, etwa in Form einer Sitzstange, auf der sich die Vögel langsam nähern können. Je nach individuellem Charakter, Temperament und Vorerfahrungen Deiner Wellis kann es nun einige Zeit dauern, bis die Versuchung zu groß wird und sie sich an die Kolbenhirse heranwagen. Zunächst zaghaft, dann mit sichtbarer Begeisterung. Fressen Deine Wellensittiche nun ohne Angst von der im Gitter steckenden Kolbenhirse – auch dann, wenn Du zum Beispiel daran vorbeiläufst oder Dich in der Nähe aufhältst –, besteht der nächste Schritt darin, die Distanz weiter zu verringern und das Leckerchen positiv mit Dir zu verbinden. 

Beim Füttern dabeibleiben: Dazu bleibst Du fortan beim Futtern dabei und hältst die durchs Gitter angebotene Kolbenhirse von außen fest. So bleibt Deinen Piepmätzen nichts anderes übrig, als sich Dir zu nähern, wenn sie nicht auf die besondere Leckerei verzichten wollen; zugleich haben sie aber noch den Schutz durch das Gitter, der erst im nächsten Schritt wegfällt. Übe auch diesen Schritt so lange, bis Deine Wellensittiche ohne Angst und Scheu ans Gitter fliegen, wenn sie Dich mit der Kolbenhirse in der Hand erblicken. Ist dies geschafft und Deine Gefährten kommen freudig zum Gitter, um die Leckerei abzugreifen, ohne dabei Angst vor Deiner Hand zu haben, kommt die entscheidende Phase: 

Direkte Fütterung: Klemme den Stängel zwischen Deine Finger und halte sie Deinen Wellensittichen mit dem Handrücken nach oben durch die geöffnete Volierentüre entgegen. Halte still und warte ab, ob einer der Vögel sich traut, zu kosten. Sollten sich Deine Tiere arg erschrecken, gehe lieber nochmals zum letzten Schritt zurück (durch das Gitter füttern). Etwas Geduld wird in jedem Fall erforderlich sein und womöglich wirst Du fortan immer wieder eine ganze Weile mit der Kolbenhirse in der Hand vor der Voliere stehen, bis der mutigste Piepmatz dem Angebot nicht mehr widerstehen kann. Zunächst wird er versuchen, nach der Kolbenhirse zu angeln, doch irgendwann wird er entspannt picken. Indem Du den Stängel der Kolbenhirse immer weiter kürzt, verringerst Du die Distanz zwischen Dir und Deinen Schützlingen, bis sie schließlich eng an Deiner Hand knabbern und sich irgendwann auch trauen werden, sie als Sitzplatz zu nutzen. Haben es alle Piepmätze geschafft, ist die Mission „Wellensittich zähmen“ ein großes Stück vorangekommen. 

Nun heißt es: dranbleiben und üben! Je mehr Du Dich mit Deinen Wellensittichen beschäftigst (eine Stunde pro Tag sollte es sein), desto größer wird ihr Vertrauen werden. Versuche also, nicht nachzulassen, und verbringe täglich Zeit mit Deinen gefiederten Freunden, um euer Vertrauensverhältnis zu stärken. So ist es durchaus möglich, dass sich Wellensittiche, die an Tag 1 vor jeder Bewegung erschrocken sind, nach einigen Wochen trauen, auf Deiner Hand zu sitzen, beim Freiflug auf Deiner Schulter zu landen oder sich sogar sanft kraulen lassen. Achte darauf, Dich Deinen Tieren immer langsam und behutsam zu nähern und keine hektischen Bewegungen zu machen, insbesondere solltest Du niemals nach ihnen greifen, da dies Todesangst für sie bedeutet. Biete ihnen stattdessen die offene Hand an und habe Geduld, bis sie von selbst die Distanz zu Dir verringern. 

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Mit etwas Geduld werden Deine Vögel Deine Hand nicht mehr als bedrohlich wahrnehmen. 

Lassen sich alle Wellensittiche zähmen? 

Es erfordert viel Zeit, Geduld und stetige Zuneigung, um Wellensittiche handzahm zu machen und sie an die Anwesenheit von Menschen so weit zu gewöhnen, dass sie ihre Scheu und Schreckhaftigkeit verlieren. Dabei gilt es selbstverständlich immer, die Bedürfnisse und individuellen Charaktereigenschaften der Tiere zu achten, ihre Grenzen zu respektieren und niemals Druck oder Zwang anzuwenden: Nicht alle Wellensittiche lassen sich „zähmen“, und das ist auch absolut ok so! Während einige Wellis bereits nach wenigen Tagen Übung so mutig sind, aus der Hand zu fressen, kann dies bei anderen durchaus einige Wochen intensiven Trainings erforderlich machen. Wieder andere Exemplare legen ihre Scheu vor der menschlichen Hand zeitlebens nicht ab. Jegliche Interaktion zwischen Wellensittichen und Mensch sollte daher immer auf Freiwilligkeit beruhen – die Vögel bestimmen, wie weit sie gehen wollen, und legen das Tempo fest. 

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Jeder Wellensittich ist anders und darf es auch sein! Während einige eher zurückhaltend sind, erweisen sich andere, sobald sie Vertrauen gefasst haben, als durchaus vorwitzig. 

Werden nur einzeln gehaltene Wellensittiche zahm?

In diesem Zusammenhang taucht oft die Frage auf, ob es denn stimme, dass nur einzeln gehaltene Wellensittiche zahm werden. Dazu ist kurz und knapp zu sagen, dass dies nicht der Fall ist. Vielmehr hängt der Grad an Zahmheit, der erreicht werden kann, vom individuellen Temperament der Wellis und von Deiner Behutsamkeit und Geduld ab. Unabhängig davon, dass die Einzelhaltung von Wellensittichen strikt abzulehnen ist – es handelt sich um sehr soziale Tiere, die unbedingt Artgenossen brauchen –, kann die Paar- oder Schwarmhaltung sogar förderlich in Sachen „Zähmung“ sein: Von Artgenossen umgeben fühlen sich die Schwarmtiere nicht nur deutlich sicherer, es wird auch immer einen Vogel geben, der etwas mutiger und neugieriger ist und mit „gutem Beispiel“ vorangehen wird. Wagt er es, sich Dir zu nähern und schließlich aus Deiner Hand zu fressen oder auf Deiner Schulter zu sitzen, werden es die anderen ihm nachmachen. Selbstverständlich gibt es jedoch immer auch Ausnahmen, die diese Regel bestätigen, also Wellensittiche, die zeitlebens eher scheu bleiben. Auch deren Bedürfnis nach Sicherheit in Form einer größeren Distanz zum Menschen ist selbstverständlich zu akzeptieren. 

Wichtig: Wellensittiche sind soziale Schwarmtiere, die niemals einzeln, sondern immer mindestens zu zweit gehalten werden müssen, um sich wohlzufühlen. Hier erfährst Du mehr zu diesem Thema. 

Fazit 

„Man versteht nur die Dinge, die man zähmt“, sagt der Fuchs im Kleinen Prinzen und fügt hinzu: „Wenn du einen Freund willst, dann zähme mich.“ Der kleine Prinz erkundigt sich, was er dafür tun müsse, woraufhin der Fuchs ihm erklärt, er müsse sich einfach in einem gewissen Abstand ins Gras setzen und jeden Tag ein Stückchen näher rücken, sodass die beiden sich einander vertraut machen können. Genau dies ist das Vorgehen bei der „Zähmung“ von Wellensittichen: jeden Tag kleine Fortschritte erzielen, jeden Tag ein wenig näher zusammenrücken, jeden Tag ein bisschen mehr Vertrauen gewinnen. Dies kann eine ganz schöne Herausforderung darstellen, denn Wellensittiche sind von Natur aus scheu und schreckhaft. Doch es lohnt sich, die Geduld und Zeit aufzubringen, denn gelingt es, sich einander vertraut zu machen, so profitieren beide Seiten erheblich davon: Du kannst Dich über neugierige, aufgeschlossene und zugewandte Vögel freuen, während Deine Piepmätze das Gefühl von Sicherheit und Wohlbefinden genießen können, was für eine hohe Lebensqualität unabdingbar ist.


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