„Wenn die Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben. Keine Bienen mehr, keine Bestäubung mehr, keine Pflanzen mehr, keine Tiere mehr, kein Mensch mehr.“ (Albert Einstein)
Übertreibt Einstein nicht ein wenig mit dieser Aussage? Ist es tatsächlich möglich, dass wir Menschen derart von diesen kleinen Insekten abhängig sind? Über die „vier Jahre“ bzw. den zeitlichen Horizont lässt sich sicherlich diskutieren, woran es jedoch keinen Zweifel geben kann, ist die erhebliche Bedeutung, die (Wild-)Bienen und andere blütenbestäubende Insekten für ein funktionierendes Ökosystem und auch für unsere Ernährung haben. 75 % der europäischen Nutz- und Kulturpflanzen sind auf die Bestäubung von Bienen angewiesen; ein Drittel dessen, was wir Menschen essen, gäbe es ohne Bienen nicht; wo es zu wenig Bienen gibt, ist die Ernte an Obst, Gemüse oder auch Nüssen und Öl deutlich geringer oder bleibt sogar komplett aus. In unermüdlicher Arbeit tragen Bienen die Pollen von Blüte zu Blüte und sorgen somit für Befruchtung, Fortpflanzung und Ertrag der jeweiligen Pflanzen. Das Bienensterben ist somit alles andere als ein Luxusproblem von Naturschützern. Und es ist nach wie vor hochaktuell: Die Wildbienenbestände gehen immer weiter zurück – 31 Arten sind in Deutschland gemäß der „Roten Liste“ unmittelbar vom Aussterben bedroht. Die Ursachen hierfür sind größtenteils menschengemacht: Monokulturen und der Einsatz von Insektiziden in der Landwirtschaft, immer weniger naturbelassene Wiesen und der Trend zu Stein- und Betongärten bedrohen den Lebensraum und reduzieren das Nahrungsangebot für Wildbienen. Mit dem Anlegen einer Blumenwiese im Garten oder mit einigen Wildblumen auf dem Balkon kannst Du aktiv zum Artenschutz beitragen – und Dich darüber hinaus an der bunten Blütenpracht erfreuen.
Biene beim Pollen-Sammeln auf einer Margerite.
Vorbereitungen – in wenigen Schritten zum Blumenparadies für Bienen
Eine Wildblumenwiese anzulegen, ist nicht besonders aufwändig und kann auch von weniger ambitionierten „Gärtnern“ oder gemeinsam mit Kindern umgesetzt werden: Standort auswählen, Boden vorbereiten, Aussäen, Angießen, fertig. Dann muss man sich nur noch etwas in Geduld üben: Nach wenigen Monaten kannst Du Dich bereits über zahlreiche bunte Blümchen und das rege Treiben und Summen der Bienen freuen, den Höhepunkt ihrer Blütenpracht erreicht eine Blumenwiese jedoch je nach ausgesäten Pflanzen erst nach einigen Jahren. Doch es lohnt sich und Du wirst Dich mit dem entspannenden Wissen im Liegestuhl zurücklehnen können, den Wildbienen und Schmetterlingen in Deiner Umgebung aktiv geholfen zu haben.
Wichtig: Eine Blumenwiese sollte so wenig wie möglich betreten werden. Um für Dich oder Deine Kinder bessere Beobachtungsmöglichkeiten zu schaffen, kannst Du jedoch mit einem Rasenmäher einen schmalen Weg durch die Wiese anlegen.
Optimaler Zeitpunkt, Standort & Boden
Der beste Zeitpunkt zur Direktaussaat ist die Frühlingszeit, etwa von Anfang April bis Anfang Juni. Idealerweise sollte die Bodentemperatur über 8 Grad liegen, (Spät-)Frost darf keiner mehr vorkommen. Mehrjährige Pflanzen können auch im Herbst, etwa bis Mitte September, ausgesät werden. Wähle für Deine Blumenwiese einen möglichst sonnigen Standort und bereite den Boden bereits einige Tage vor der Aussaat vor. Dazu entfernst Du die Grasnarbe, lockerst die Erde mit einer Harke auf und entfernst Unkraut, insbesondere sog. Wurzelunkräuter wie Quecke und Giersch. Zwar sind diese für Bienen und andere Insekten ebenfalls interessant, allerdings wachsen sie oftmals sehr dominant und großflächig und verdrängen dadurch andere Pflanzen. Der von Unkraut befreite und aufgelockerte Boden wird anschließend reichlich mit Wasser versorgt. So hat die Feuchtigkeit einige Tage Zeit, einzuziehen und sich zu verteilen. Damit ist der Boden ideal auf die anschließende Aussaat vorbereitet.
Der Boden für Deine Blumenwiese sollte möglichst locker und frei von Unkraut sein, bevor Du die Samen aussäst.
Wichtig: Wildblumen brauchen einen recht mageren und eher sandigen Boden, wie er in Gärten oftmals nicht anzutreffen ist. Ein großzügiges Untermischen von Sand kann lehmige und feuchte Böden auflockern. Oftmals ist es sogar notwendig, die ersten 20 bis 30 Zentimeter abzutragen und durch Bausand zu ersetzen.
Setze auf eine Vielfalt an heimischen Blumenarten
Nun hast Du die Qual der Wahl: Welche Blumen sollen Deinen Garten künftig zieren? Jede Blume zieht ganz bestimmte Arten von Insekten an. Möchtest Du möglichst viele und unterschiedliche Nützlinge wie Bienen, Hummeln, Schmetterlinge, Marienkäfer & Co. in Deinem Garten begrüßen, solltest Du auf Vielfalt setzen und eine bunte Mischung aus pollen- und nektarspendenden Blumen auswählen. Unabhängig davon, ob Du eine fertige Saatenmischung kaufst oder die einzelnen Samen selbst auswählst und zusammenstellst, solltest Du darauf achten, dass es sich ausschließlich um heimische Pflanzen handelt. Diese bieten den Insekten nicht nur reichlich Nahrung zum richtigen Zeitpunkt, sondern sind auch an unsere klimatischen Bedingungen angepasst und können somit optimal gedeihen. Exotische Blumen sind zwar ebenfalls hübsch anzusehen, haben für unsere Bienen jedoch kaum einen Nutzen. Was die Menge betrifft, kannst Du mit etwa 5 Gramm Saatgut je Quadratmeter rechnen.
Gut zu wissen: Einige Wildbienenarten sind Nahrungsspezialisten, was bedeutet, dass sie ganz bestimmte Pflanzen benötigen. Ein Beispiel ist die Auen-Schenkelbiene, die Wildbiene des Jahres 2020, die auf Gilbweiderich angewiesen ist. Darüber hinaus greifen Wild- und Honigbienen nicht unbedingt auf dieselbe Nahrungsgrundlage zurück. Entscheidest Du Dich für eine fertige Mischung, solltest Du darauf achten, dass diese für Wildbienen attraktiv ist.
Hier eine kleine Zusammenstellung von besonders beliebten Blumen bei Bienen & Co:
- Acker-Wachtelweizen
- Feldthymian
- Gänseblümchen
- Gemeine Schafgarbe
- Gewöhnlicher Hornklee
- Gewöhnlicher Natternkopf
- Klatschmohn
- Kornblume
- Kratzdistel
- Kriechender Dünsel
- Lavendel
- Leimkraut
- Lieschgras
- Löwenmäulchen
- Löwenzahn
- Margeriten
- Mariendistel
- Rotklee
- Stinkender Storchschnabel
- Weiße Lichtnelke
- Wiesenglockenblume
- Wiesenkerbel
- Wiesensalbei
- Wiesensauerampfer
- Wilde Malve
- Wilde Möhre
- Wolliges Honiggras
- Zaunwicke
Tipp: Nicht alle Blumen bevorzugen den gleichen Boden. Hast Du in Deinem Garten zum Beispiel einen eher „fetten“ oder „mageren“ Boden, kannst Du eine Mischung auswählen, die auf ebendiesen Bodentyp ausgerichtet ist. Eine Bodenanalyse – hierfür gibt es fertige Sets zum Eigengebrauch – gibt über die genaue Beschaffenheit Auskunft. Mit geeigneten Maßnahmen wie dem Untermischen von Sand oder Kalk kannst Du den Boden aufbereiten.
Auch Schmetterlinge und andere Insekten freuen sich über die Blütenpracht, weil sie dort reichlich Nahrung finden.
Aussäen & Angießen
Hast Du den Boden entsprechend vorbereitet und die Saat ausgewählt, steht als nächster Schritt die Aussaat an, für die Du am besten einen sonnigen und nicht zu windigen Tag wählst. Lockere den Boden nochmals mit einer Harke auf und streue die Samen über die Erde. Um ein gleichmäßigeres Ergebnis zu erzielen, kannst Du die Saat mit etwa der dreifachen Menge an Sand vermischen. Für die Aussaat sind spezielle Streuwägen erhältlich, was insbesondere bei großen Flächen eine enorme Arbeitserleichterung bedeutet. Säst Du von Hand aus, streue die Samen am besten einmal längs und einmal quer über die Fläche. Nach dem Ausbringen des Saatgutes wird dieses mit dem Rechen leicht in den Boden eingearbeitet und anschließend die Erde mit einer Walze festgedrückt, sodass ein Bodenschluss entsteht. Zur Not kannst Du die Erde auch mit der flachen Schaufelseite oder einem Brett festdrücken. Direkt im Anschluss sollte das Saatgut bewässert werden. Nutze hierzu einen Brauseaufsatz auf dem Schlauch bzw. der Gießkanne oder einen feinen Rasensprenger, sodass das Wasser sanft prasselt und die Samen nicht wegspült. Wird der Boden schön feucht gehalten, sprießen nach etwa 14 Tagen die ersten Keimlinge.
Tipp: Um ein gleichmäßigeres Ergebnis zu erzielen, kannst Du die Samen vor dem Aussäen mit der dreifachen Menge an Sand mischen. Dies hat einen weiteren positiven Effekt: Sand lockert lehmige und schwere Böden etwas auf und wirkt darüber hinaus wie eine Abmagerungskur, was die Pflanzen besser wachsen lässt.
Blumenwiese gießen und düngen?
Etwa in den ersten vier bis sechs Wochen nach der Aussaat im Frühjahr ist es wichtig, ein Austrocknen des Bodens zu verhindern, sodass die Samen keimen können. Prüfe daher regelmäßig die Feuchtigkeit des Bodens und gieße, wenn er zu trocken wird. Die Erde sollte stets feucht, aber nicht nass sein. Sobald die Pflanzen gut verwurzelt sind und einen grünen Teppich bilden, ist ein manuelles (Zu-)Gießen nur noch an sehr trockenen Sommertagen notwendig. Bei einer Aussaat im Herbst ist der Boden meist so feucht, dass das Gießen entfallen kann. Ab dem zweiten Jahr ist kein Gießen mehr erforderlich.
Da die meisten (Wild-)Blumen nährstoffarme, magere Böden bevorzugen, ist ein Düngen in der Regel kontraproduktiv. Darüber hinaus würde die Düngung andere konkurrenzstarke Pflanzen im Wachstum begünstigen, die schließlich die zarten Wildblumen verdrängen. Daher sollte auf das Düngen von Wildblumenwiesen generell verzichtet werden.
Wie oft Blumenwiese mähen?
Wildblumenwiesen sind äußerst pflegeleicht, sollten jedoch im Spätsommer, etwa ab Ende Juli bis Mitte August, gemäht werden. Falls erforderlich, kann eine zweite Mahd im September angeschlossen werden. Am besten geeignet sind Mähgeräte für hohe Wiesen wie (Motor-)Sensen, Wiesenmäher oder ein hoch eingestellter Sichelmäher. Dies hat einen nachvollziehbaren Grund: Das Mähen mit diesen Geräten sorgt dafür, dass sich die reifen Samen auf der Wiese verteilen und im nächsten Jahr wieder keimen. Dies ist insbesondere bei Mischungen mit vielen einjährigen Pflanzen von zentraler Bedeutung, um die Wiese gedeihen zu lassen. Wird das Schnittgut allerdings direkt in einen Fangkorb befördert, wie bei einem normalen Rasenmäher, gehen die Samen verloren. Das gemähte Gras wird zunächst einige Tage liegengelassen und getrocknet, bevor es kompostiert wird. Es muss jedoch von der Fläche entfernt werden, um für eine weitere Abmagerung des Bodens zu sorgen.
Bringe Deinen Balkon zum Blühen!
Für das Kultivieren von bienenfreundlichen Blumen benötigst Du keine riesige Fläche. Auch der Balkon wird im Handumdrehen zum reichhaltigen Buffet für Bienen, Schmetterlinge & Co. Für den Balkon geeignet sind beispielsweise Buschzinnien, Kapuzinerkresse, Lavendel, Portulakröschen, Steinkraut sowie verschiedene Wicken und Winden.
Auch der Balkon kann zum blühenden Bienen-Paradies umfunktioniert werden.
Was kann man noch für Bienen tun?
Selbstverständlich brauchen Bienen und andere Nützlinge nicht nur Nahrung in Form von Pollen und Nektar, sondern auch Nistmöglichkeiten, Nestbaumaterial und Verstecke. Mit einigen einfachen Maßnahmen, die mitunter sogar einfach darin bestehen, gar nichts zu machen, statt aktiv in das natürliche Wachstum einzugreifen, kannst Du Deinen Garten zum kleinen Bienen-Paradies umfunktionieren:
- Stängel und Blätter von Blumen, Sträuchern und Bäumen werden von Insekten und Vögeln gerne zum Nestbau verwendet oder von Schmetterlingsraupen gefuttert. Indem Du nicht zu oft mähst, Geäst und/oder Totholz auch mal liegenlässt und Wildwuchs seinen Raum lässt, sorgst Du für reichlich Baumaterial und Nahrung. Bereits eine kleine „wilde Ecke“ im Garten ist ein funktionierendes kleines Ökosystem.
- Sog. Frühblüher wie Schneeglöckchen, Krokusse und Osterglocken sind insbesondere für viele früh aktive Insekten wie Hummeln sehr wichtig und sollten daher nicht abgemäht werden. Sie können im Herbst oder Frühling als Zwiebeln in den Boden gesetzt werden.
- Bienen und Vögel lieben Beerensträucher (Himbeere, Brombeere usw.), Obstbäume (Apfel, Mirabelle, Birne usw.) sowie heimische Baumarten wie Linde, Ahorn, Kastanie oder Vogelbeere. Kultivierst Du diese Pflanzen in Deinem Garten, trägst Du dazu bei, dass sie Nahrung und Nistplätze finden.
- Stelle Insektenhotels für Wildbienen & Co. in Deinem Garten auf, um ihnen geeignete Nistplätze zur Verfügung zu stellen.
- Verzichte auf Pestizide, Herbizide und Biozide, die für Bienen giftig sind.
Über eine flache Wasserstelle freuen sich Bienen, Schmetterlinge, Vögel & Co.
Tipp: Auch außerhalb des Gartens können einfache Maßnahmen einen wichtigen Beitrag zum Schutz von Bienen leisten. So sollten beispielsweise Honiggläser sorgsam in der Spülmaschine gereinigt werden, bevor sie im Altglascontainer entsorgt werden. Warum? Fast 80 % des hier konsumierten Honigs bestehen zumindest zum Teil aus Importen. Dadurch besteht die Gefahr, dass Krankheiten eingeschleppt werden, indem die Bienen mit den Honigresten in Kontakt kommen. So wird beispielsweise die in Südamerika vorkommende Amerikanische Faulbrut (AFB) in heimische Bienenvölker getragen.
Fazit
Schon Albert Einstein hat mit dem eingangs genannten Zitat die erhebliche Bedeutung von Bienen und anderen blütenbestäubenden Insekten auch für uns Menschen und unsere Nahrungsverfügbarkeit hervorgehoben: In unserem eigentlich perfekt eingespielten Ökosystem würden alle heimischen Tierarten Nahrung und Nistmöglichkeiten vorfinden, wodurch ein idealer Kreislauf entstehen würde. „Würde“ – wäre da der Mensch nicht. Leider greifen wir in enormem Ausmaß in den natürlichen Lebenskreislauf ein, wodurch wir viele Tierarten ihrer Lebensgrundlage berauben und letztlich auch uns selbst schaden. Seit einigen Jahren ist ein erfreuliches und auch absolut notwendiges Umdenken festzustellen: Immer mehr Menschen setzen sich im Kleinen wie im Großen für biologische Vielfalt, Artenreichtum und den Erhalt von Ökosystemen ein. Und auch Du kannst helfen: Mit einer bienenfreundlichen Wiese kannst Du einen Beitrag leisten und aktiv zum Artenschutz beitragen.