Der Australian Shepherd, kurz einfach „Aussie“ genannt, ist ein hochintelligenter, freundlicher und zweifellos besonders hübscher Vierbeiner, der sich weltweit großer Beliebtheit erfreut. Ursprünglich als Hütehund gezüchtet, ist er mit einer großen Arbeitsfreude, erstaunlicher Ausdauer und einer schnellen Auffassungsgabe ausgestattet. Dies macht ihn zu einem ausgezeichneten Arbeitshund, führt jedoch auch dazu, dass es sich um eine sehr anspruchsvolle Rasse handelt, die in erfahrene Hände gehört. In unserem Artikel erfährst Du alles Wissenswerte zu Haltung und Pflege des Australian Shepherd.
Herkunft & Geschichte
Anders als sein Name vermuten lässt, stammt der Australian Shepherd nicht etwa aus Down Under, sondern aus den USA. Seine Wurzeln lassen sich bis ins 19. Jahrhundert zurückverfolgen, als europäische Schäfer, insbesondere aus dem Baskenland im heutigen Spanien und Frankreich, in die Vereinigten Staaten migrierten. Diese nahmen ihre Hütehunde mit in ihre neue Heimat – hochintelligente, leistungsstarke und ausdauernde Vierbeiner, die Vorfahren des heutigen Australian Shepherd. Diese waren absolute Profis darin, Viehherden zu hüten und zu treiben, was für die Viehzucht und Landwirtschaft in den weitläufigen Regionen des Westens der USA von entscheidender Bedeutung war. Der Name „Australian Shepherd“ ist also etwas irreführend, lässt sich aber vermutlich auf den Umstand zurückführen, dass die europäischen Schäfer zunächst nach Australien auswanderten und von dort aus in die USA weiterzogen.
Die Expansion der Schafzucht im Westen der USA zu Beginn des 19. Jahrhunderts führte zu einer steigenden Nachfrage nach effektiven Arbeitshunden, die nicht nur intelligent und lernfähig waren, sondern auch in der Lage, unter unterschiedlichen Bedingungen zu arbeiten. Die ursprünglich aus Europa mitgebrachten Hunde wurden mit verschiedenen Rassen, darunter Collies und Cattledogs, gekreuzt, wodurch der Australian Shepherd entstand.
In den 1950er Jahren erlebte der Aussie einen Aufschwung in der Popularität. Die außergewöhnlichen Fähigkeiten dieser Hunde bei der Arbeit mit Schafen und ihre Vielseitigkeit, schnelle Auffassungsgabe sowie Lern- und Arbeitswilligkeit machten die Vierbeiner zu geschätzten und unverzichtbaren Begleitern von Viehzüchtern und Ranchern. Diese wachsende Aufmerksamkeit führte zur Gründung von Zuchtvereinigungen, die sich der Reinzüchtung des Australian Shepherds widmeten. Das erste Register geht auf den in Arizona gegründeten Australian Shepherd Club of America (ASCA) zurück und lässt sich auf 1957 datieren. Der heute noch geltende Rassestandard des ASCA wurde 1977 festgelegt. Auch der American Kennel Club (AKC) führt seit den frühen 1990er Jahren ein Zuchtbuch für Aussies mit einem eigenen Rassestandard. Die Fédération Cynologique Internationale (FCI), der weltweit größte kynologische Dachverband, erkannte die Rasse erst im Jahr 1996 an.
Auch heute noch sind Australian Shepherds vielerorts als Hütehunde tätig, sie wurden im Laufe der Jahrzehnte jedoch auch zu beliebten Begleithunden, wobei zu beachten ist, dass ein Aussie auch im Familienverbund seinen Hütetrieb nicht ablegt.
Australian Shepherds sind Hütehunde durch und durch. Bei der Arbeit mit Schafen sind sie voll in ihrem Element und können ihre vielseitigen Talente unter Beweis stellen.
Aussehen
Körperbau, Größe & Gewicht
Der Australian Shepherd ist ein mittelgroßer, athletischer Hund mit einem gut proportionierten und muskulösen Körperbau, der auf Agilität, Kraft und Ausdauer ausgelegt ist. Die präferierte Schulterhöhe von Rüden liegt bei etwa 50 bis 59 cm, die von Hündinnen bei 45 bis 54 cm. Das Gewicht ist nicht festgelegt, liegt jedoch meist bei um die 20 kg.
Der Kopf des Aussies ist wohlgeformt und proportional zum Körper, wobei der flache bis leicht gewölbte Oberschädel in Länge und Breite der Länge der Schnauze entspricht. Sein mittellanger Nacken geht über in eine gerade Rückenlinie. Seine Brust ist tief und breit.
Die mandelförmigen, mittelgroßen Augen des Aussies sind ausdrucksstark und von brauner, bernsteinfarbener (amber) oder blauer Farbe, manchmal sind sie auch verschiedenfarbig, was als „odd-eyed“ bezeichnet wird. Alle Kombinationen dieser Farben einschließlich Flecken und Marmorierung sind laut Rassestandard erlaubt.
Die Ohren trägt der Australien Shepherd hoch angesetzt – sie sind dreieckig, mittelgroß und leicht gerundet. Ihre Spitze darf nicht tiefer reichen als bis zum Augenwinkel. Steh- und Hängeohren gelten als Fehler.
Zu beachten ist außerdem, dass einige Australian Shepherds eine angeborene „Stummelrute“ (natural bobtail, NBT) haben.
Fell & Farben
Das doppellagige Fell des Australian Shepherd besteht aus einer dichten, wärmenden Unterwolle und mittellangem, wasserabweisendem Deckhaar. Diese doppelte Fellstruktur bietet hervorragenden Schutz vor Witterungseinflüssen wie Kälte und Nässe. Das Deckhaar ist glatt bis leicht wellig und kann in einer großen Vielfalt an Farben und Musterungen vorkommen.
Die Grundfarben Schwarz (Black), Rot (Red), Blue-Merle (graue Grundfarbe mit marmoriertem Schwarz) und Red-Merle (hellrote/beige Grundfarbe mit marmoriertem Rot/Braun) können mit weißen und/oder kupferfarbenen Abzeichen kombiniert sein.
Den Aussie gibt es in vielen verschiedenen Fellfarben bzw. Farbkombinationen und Musterungen.
Charakterzüge & Wesen
Der Australian Shepherd zeichnet sich durch hohe Intelligenz und Ausdauer, eine schnelle Auffassungsgabe und einen erstaunlichen Arbeitseifer aus. Die Kombination dieser Eigenschaften macht ihn zu einem ausgezeichneten und vielseitigen Hütehund, führt jedoch auch dazu, dass es sich um eine sehr anspruchsvolle Rasse handelt, die sehr viel Bewegung und spezifische Auslastung benötigt und daher in erfahrene Hände gehört. Der Aussie ist ein Hund, der richtig „arbeiten“ will und muss – am liebsten tut er das natürlich in seinem ursprünglichen Einsatzgebiet, dem Hüten von Schafen. Wer seinem Aussie diese Möglichkeit bieten möchte, braucht jedoch keineswegs eine eigene Schafherde – viele Hundeschulen und Vereine bieten mittlerweile sog. „Hütesport“ (auch „Herding“ genannt) an, eine Disziplin zur Förderung und Erfüllung der natürlichen Hüteinstinkte. Alternative Beschäftigungsmöglichkeiten sind zum Beispiel diverse Hundesportarten wie Agility und Flyball oder eine Betätigung oder sogar Ausbildung als Such- oder Rettungshund. Daneben brauchen Aussies natürlich ausgiebige Spaziergänge und gemeinsame Aktivitäten mit ihren Menschen, zum Beispiel Ausflüge in die Natur, eine gemeinsame
Schwimm-Runde im See oder
Dummytraining im Park. Nicht ausgelastete Aussies neigen zu Unruhe und Nervosität und können unerwünschte Verhaltensweisen wie das Hüten von Kindern oder Kinderwagen, Autos, Joggern und anderen Objekten zeigen, was für alle Beteiligten fatale Folgen haben kann.
Australian Shepherds lieben es, Zeit mit ihren Menschen in der Natur zu verbringen und Neues zu erleben und zu entdecken.
Gelingt es, das richtige Gleichgewicht zwischen Action und Entspannung zu finden, so erweist sich ein Australian Shepherd als freundlicher, anhänglicher und loyaler Begleiter, der mit seinem Menschen durch dick und dünn geht und ein erstaunliches Gespür für dessen Befindlichkeiten und Emotionen aufweist. Aufgrund seiner Feinfühligkeit, Intelligenz und schnellen Auffassungsgabe lernt er sehr schnell und ist gut erziehbar, allerdings entgeht ihm auch keine Nachlässigkeit, weshalb eine konsequente, aber stets liebevolle Erziehung von klein auf wichtig ist. Dabei ist zu beachten, dass die Neigung, auch mal eigene Entscheidungen zu treffen, in seinem Wesen verankert ist, denn ein gewisses Maß an Selbstständigkeit ist in der Hütearbeit durchaus von Relevanz. Insgesamt arbeiten Australian Shepherds jedoch sehr gerne mit ihrem Menschen zusammen und sind bereit, seinen Anweisungen zu folgen.
Passt ein Australian Shepherd zu mir? Wie muss ein Australian Shepherd gehalten werden?
Auslauf
Bei der Haltung von Australien Shepherds sollte stets die Tatsache berücksichtigt werden, dass es sich um Hunde handelt, die mit dem spezifischen Ziel gezüchtet wurden, als Hütehunde zu agieren, das heißt: Sie wollen und müssen „arbeiten“. Ein Australian Shepherd ohne Herde ist also zunächst einmal ein Australian Shepherd ohne Aufgabe. Entsprechend müssen Alternativen gefunden werden, um den hochenergetischen und ausdauernden Vierbeiner zufriedenzustellen und auszulasten, zum Beispiel in Form von „Herding“ (Hütesport), Rettungs- oder Sucharbeit,
Hundesport oder in anderen spezialisierten Bereichen. „Normale“ Spaziergänge mit einer Spielrunde im Park reichen einem Australien Shepherd nicht aus, er braucht deutlich mehr! Kann er sich nicht entsprechend seinen Bedürfnissen betätigen und seinen Arbeitseifer befriedigen, so wird er sich selbst Aufgaben suchen, sehr unruhig und nervös werden, Objekte hüten oder einfach sehr unglücklich sein. Das gilt es natürlich zu verhindern, sodass genau überlegt werden sollte, ob ein Aussie wirklich zum eigenen Leben passt. Für sportliche Menschen, die Lust und Zeit haben, sich sehr viel mit ihrer Fellnase zu beschäftigen – und zwar nicht nur in Bezug auf die körperliche Bewegung, sondern auch im Hinblick auf mentale Herausforderungen und rassespezifische Auslastung –, kann der Australian Shepherd dagegen die richtige Wahl sein. In jedem Fall gehört ein Aussie in die Hände erfahrener Hundemenschen, die sich ganz bewusst für einen derart intelligenten und arbeitswilligen Hund entscheiden.
Hundesport aller Art ist eine tolle Beschäftigungsmöglichkeit für Australian Shepherds, denn hier verbinden sich körperliche Betätigung und geistige Herausforderung.
Ernährung
An die Ernährung stellt der Australian Shepherd keine rassespezifischen Anforderungen. Eine ausgewogene, gesunde und seinen Bedürfnissen entsprechende Ernährung, die sein Alter und seinen Aktivitätsgrad berücksichtigt, ist jedoch von zentraler Bedeutung für seine Gesundheit und Leistungsfähigkeit. Generell ist ein hoher Fleisch- und somit Proteinanteil zu empfehlen.
Hier haben wir für Dich zusammengefasst, wie Du das ideale Futter für Deinen Hund findest.
Pflege
Im Hinblick auf die (Fell-)Pflege ist der Australian Shepherd recht genügsam, es ist völlig ausreichend, ihn regelmäßig zu bürsten, um abgestorbene Haare zu entfernen, die Durchblutung zu fördern und die Haut- und Fellgesundheit zu erhalten. Auf die Zahnpflege sollte ein besonders Augenmerk gelegt werden, um die Beißerchen möglichst lange gesund zu halten. Am besten ist es, die Fellnase von klein auf an das Zähneputzen zu gewöhnen.
Hier erfährst Du mehr zu diesem Thema. Die Ohren sollten regelmäßig kontrolliert und bei Bedarf sanft gereinigt werden, die Krallen müssen geschnitten werden, wenn sie zu lang werden.
Hier haben wir für Dich zusammengefasst, wie Du zu lange Hundekrallen erkennen und kürzen kannst. Allgemeine Tipps zum Thema Hundepflege findest Du
hier.
Typische Krankheiten
Generell ist der Australian Shepherd eine robuste und gesunde Hunderasse, allerdings gibt es auch bei ihm erblich bedingte Erkrankungen, die gehäuft auftreten. Zu diesen zählen:
- Gelenkdysplasien: Bei der Hüftgelenksdysplasie (HD) und der Ellbogendysplasie (ED) sind die Gelenke an den Hüften bzw. Ellbogen fehlgebildet, was dazu führt, dass der Vierbeiner Schmerzen hat, lahmt, humpelt, Probleme beim Aufstehen hat und/oder eine verminderte Aktivität zeigt. Die Diagnose erfolgt in der Regel anhand des typischen klinischen Bildes und einer Röntgenuntersuchung. Bei einer frühzeitigen Intervention und Behandlung kann die Prognose gut sein, insbesondere bei leichteren Fällen.
- Augenerkrankungen: Zu den bei Australian Shepherds häufig vorkommenden Augenerkrankungen gehören Katarakte und progressive Retinaatrophie (PRA), die das Sehvermögen beeinträchtigen können.
- MDR1-Defekt: Diese genetische Erkrankung führt dazu, dass die betroffenen Hunde bestimmte Medikamente nicht vertragen. Hier sind insbesondere Ivermectin und Loperamid zu nennen, die bei betroffenen Vierbeinern zu schweren Vergiftungserscheinungen bis hin zum Tod führen. Bei Australian Shepherds sollte durch einen Gentest überprüft werden, ob ein MDR1-Defekt vorliegt, um die richtige medizinische Behandlung sicherzustellen und potenzielle Risiken zu minimieren.
Besonderheit: Merle-Faktor
Der sog. „Merle-Faktor“ bzw. das „Merle-“ Gen bezeichnet einen Gendefekt bzw. eine Genmutation, die nicht nur zu charakteristischen Fellmusterungen führt (Blue Merle, Red Merle usw.), sondern leider auch mit zahlreichen gesundheitlichen Risiken und teils schweren Erkrankungen einhergeht. Ob und wie stark die Vierbeiner betroffen sind, hängt davon ab, ob sie das Gen nur einmal in sich tragen (mischerbig, heterozygot) oder zweimal (reinerbig, homozygot). Während mischerbige Hunde meist gesund sind, allerdings ein erhöhtes Risiko für ein- oder beidseitige Taubheit aufweisen, kommt es bei reinerbigen Vierbeinern, die das Gen von beiden Elternteilen geerbt haben, mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Taubheit, Fehlbildungen der Augen sowie Blindheit, Skelettdeformationen und anderen schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen. Viele Hunde sterben vor der Geschlechtsreife. Es ist daher von zentraler Bedeutung, niemals zwei Merle-Träger miteinander zu verpaaren, was in einer seriösen Zucht selbstverständlich berücksichtigt wird und mittels entsprechender Tests ausgeschlossen wird.
Fragen & Antworten zum Australian Shepherd
Ist ein Australian Shepherd für Anfänger geeignet?
Australian Shepherds sind intelligente, gelehrige Vierbeiner mit einer schnellen Auffassungsgabe, was zu der Annahme führen könnte, dass sie ideale Hunde für Anfänger sind. Zwar ist es richtig, dass sie sehr gelehrig und gut erziehbar sind, jedoch brauchen sie unbedingt einen „Rudelführer“, der genau weiß, was er tut, und nicht nur auf eine konsequente Erziehung achtet, sondern den aktiven und arbeitswilligen Vierbeiner auch entsprechend seinen Bedürfnissen beschäftigt und auslastet. Vor allem braucht ein Aussie als waschechter „Arbeitshund“ ein hohes Maß an „Kopfarbeit“ und vielseitige Aktivitäten, die seinem Wesen entsprechen – dies macht ihn zu einem sehr anspruchsvollen Hund, der nicht „nebenbei“ gehalten werden kann und für Anfänger eine große Herausforderung darstellen kann. Insbesondere sein starker Hütetrieb sollte nicht unterschätzt werden – wird dieser nicht entsprechend kanalisiert und befriedigt, so wird der Aussie alles „hüten“, was sich bewegt, zum Beispiel Kinderwagen bzw. Kinder im Allgemeinen. Dies kann für Anfänger, die keine oder wenig Erfahrung in der Hundehaltung haben, eine extreme und womöglich sogar nicht zu bewältigende Herausforderung darstellen und zu beiderseitigem Frust und Unzufriedenheit führen. Erfahrung in der Hundehaltung, speziell in der Haltung von Hütehunden, ist daher obligatorisch – ein Vierbeiner für Anfänger ist der Australian Shepherd daher nicht.
Ist ein Australien Shepherd ein guter Familienhund?
Wird ein Australian Shepherd entsprechend seinen Bedürfnissen ausgelastet und beschäftigt, und zwar sowohl körperlich als auch geistig, so kann er selbstverständlich auch in einer Familie leben, denn er ist ein äußerst anhänglicher, fröhlicher und freundlicher Vierbeiner und geht enge Bindungen zu seinem menschlichen Rudel ein. Auch mit Kindern und Haustieren kommt er in der Regel gut zurecht, sofern die wichtigen Regeln des Zusammenlebens ausreichend Berücksichtigung finden. Seine hohe Intelligenz und sein Lerneifer machen ihn zu einem schnell lernenden Begleiter, aber eben immer unter der Voraussetzung, dass seine Bedürfnisse als Arbeitshund erfüllt werden.
Aussies brauchen viel Beschäftigung und Bewegung. Wird ihnen dies ermöglicht, erweisen sie sich in den eigenen vier Wänden als entspannte und anhängliche Gefährten.
Für wen ist der Australian Shepherd geeignet?
Der Australian Shepherd eignet sich sowohl für Menschen, die ihn tatsächlich so einsetzen, wie es seinem „Zweck“ entspricht, also beim Hüten von Schafen oder anderem Vieh, daneben aber auch für sportliche Menschen, die die notwendige Power und Engagiertheit mitbringen, einem Aussie gerecht zu werden. Hierzu gehören nicht nur ausgiebige körperliche Betätigungen, sondern auch geistige Herausforderungen.