Bei der Aspergillose handelt es sich um eine schwere, potentiell tödliche Erkrankung, der eine Infektion mit Schimmelpilzen zugrunde liegt und von der insbesondere Papageien und Sittiche aus tropischen Regionen betroffen sind. Verursacht wird die Erkrankung durch das Einatmen von Schimmelpilzsporen, die sich schließlich großflächig auf dem Gewebe des Atmungstraktes festsetzen und vermehren. Die Pilze können auf zwei Wegen schaden. Einerseits verändert sich das Gewebe des Atmungstraktes aufgrund der Entzündungsreaktion so, dass ein Gasaustausch schlechter stattfinden kann. Dies kann Atemnot hervorrufen. Zum anderen scheiden die Pilze Giftstoffe aus, die den gesamten Organismus schädigen können. Eine Infektion mit Schimmelpilzen ist ein multifaktorielles Geschehen bzw. eine sog. Faktorenkrankheit, was bedeutet, dass neben dem Vorhandensein entsprechender Pilze noch weitere Faktoren hinzukommen müssen, um die Erkrankung auszulösen. In diesem Artikel haben wir das Wichtigste für Dich zusammengefasst.
Entstehung
Pilze bzw. Pilzsporen kommen in unserer gesamten Umgebung vor und gelangen durch Einatmen in unseren Körper. Auch unsere gefiederten Mitbewohner kommen entsprechend in Kontakt mit ihnen. Meist handelt es sich dabei um Pilzarten der Gattung Aspergillus spp., wodurch die Erkrankung zu ihrem Namen kam, aber auch andere Pilze, etwa Mucor spp. und Penicillium spp., können Auslöser sein. Da entsprechende Pilzsporen in unserer Atemluft natürlicherweise vorhanden sind, müssen noch andere Faktoren hinzukommen, um die gefürchtete Aspergillose bei Vögeln auszulösen. Bei diesen zusätzlichen Faktoren handelt es sich meist um Folgen von Haltungsfehlern, was umgekehrt bedeutet, dass
tiergerecht gehaltene Vögel deutlich weniger anfällig für die Entwicklung einer Schimmelpilzmykose sind. Eine zu niedrige Luftfeuchtigkeit, falsche Ernährung, Stress und die Behandlung mit Antibiotika sind begünstigende Faktoren, die dazu führen können, dass es zu einer großflächigen Besiedelung der Schleimhäute des Atmungstraktes mit Schimmelpilzen und somit zur Entstehung einer Aspergillose kommt.
Zu niedrige Luftfeuchtigkeit
Viele Papageien, Sittiche und andere Ziervögel sind aus ihren ursprünglichen Verbreitungsgebieten eine hohe Luftfeuchtigkeit von um die 80 % oder mehr gewöhnt. Auf dieses warm-feuchte Klima ist ihr Organismus ausgerichtet und funktioniert entsprechend nur unter diesen Bedingungen optimal. In heimischen Wohnzimmern dagegen liegt die Luftfeuchtigkeit oftmals nur bei etwa 30 bis 50 %, wodurch es zu einer Austrocknung der Atemwege, genauer des Epithels (oberste Schicht des Schleimhautgewebes) kommt, was zu einer Abnahme der körpereigenen Bekämpfung von Pilzen führt. Anders formuliert: Die ausgetrockneten Atemwege werden anfälliger für Schimmelpilzinfektionen. Durch einen zu geringen Luftaustausch kommt es darüber hinaus zu einer höheren Belastung der Atemluft mit Pilzsporen und anderen Schadstoffen, mithin also zu einem höheren Infektionsdruck, was einer Aspergillose ebenfalls Vorschub leistet.
Wichtig: Oft wird behauptet, dass Nymphen- und Wellensittiche, die beide aus Australien stammen und daher eine niedrigere Luftfeuchtigkeit gewohnt sind, nicht an Aspergillose erkranken können. Dies ist ein Irrtum. Die Luftfeuchtigkeit kann ein begünstigender Faktor sein, da aber zahlreiche andere Einflüsse ebenfalls eine Rolle spielen, sind leider auch die hübschen Australier nicht vor einer Aspergillose gefeilt, wenngleich sie deutlich seltener erkranken als z. B. Graupapageien oder Amazonen.
Ernährung
Auch die Ernährung unserer Vögel spielt eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Aspergillose. Insbesondere Nüsse (vor allem Erdnüsse mit Schale) sind immer mit mehr oder weniger Schimmelpilzsporen belastet, welche die Tiere beim Knacken bzw. Fressen einatmen. Der oft zu geringe Nährstoffgehalt von Körnerfutter hat ebenfalls Einfluss: So führt insbesondere ein Mangel an Vitamin A zu einer Schädigung des Epithels auch in den Atemwegen, wodurch sich Schimmelpilze leichter ausbreiten können.
Die Fütterung von Nüssen mit Schale, insbesondere Erdnüssen, kann aufgrund der Belastung mit Schimmelpilzen zur Entstehung einer Aspergillose beitragen.
Stress
Es ist bekannt, dass Stress das Immunsystem schwächen kann, wodurch wiederum Krankheitserreger wie Pilze leichtes Spiel haben. Stress bei Vögeln kann durch zahlreiche Haltungsfehler entstehen, wie zum Beispiel die Haltung in einem zu kleinen Käfig, zu wenig Freiflug, Disharmonie in der Vogelgruppe, Einzelhaltung, Transporte, Vergesellschaftungen und viele mehr.
Die Haltung in einem zu kleinen Käfig und mangelnde Möglichkeiten, frei zu fliegen und die Atmungsorgane "durchzulüften", sind Risikofaktoren und sollten vermieden werden.
Antibiotika
Eine Antibiotikagabe kann – auch beim Menschen – dazu führen, dass Pilzinfektionen begünstigt werden, denn die Medikamente machen nicht nur die unerwünschten Bakterien unschädlich, sondern auch die „guten“ und „gewollten“. Die Folge ist, dass Pilze und andere Erreger die Schleimhäute samt Nährstoffen für ihre eigene Verbreitung nutzen können und sich somit leichter ausbreiten können. Daher sollten Antibiotika immer wohlüberlegt und nur nach entsprechender Diagnostik in Absprache mit dem Tierarzt, nicht jedoch prophylaktisch, verabreicht werden. Wenn eine Antibiose einmal unumgänglich ist, muss immer eine Pilzbehandlung (Antimykose) parallel erfolgen.
Symptomatik
Die Symptome einer Aspergillose können sehr unterschiedlich sein, was mit ein Grund dafür ist, dass die Erkrankung oftmals zu spät erkannt wird. Insbesondere zu Beginn der Erkrankung werden die recht unauffälligen, allgemeinen Krankheitszeichen wie eine allgemeine Schwäche und Antriebslosigkeit, weniger Ausdauer beim Fliegen, Schläfrigkeit bzw. Gewichtsabnahme, aber auch Durchfall und struppiges Gefieder nicht selten übersehen bzw. auf andere Ursachen zurückgeführt.
Erste unauffällige Symptome einer Aspergillose wie Schwäche, Schläfrigkeit und Gewichtsabnahme werden oftmals übersehen. Sei aufmerksam und stelle Deine Tiere bei Auffälligkeiten einem vogelkundigen Tierarzt vor.
Letztlich hat eine Infektion mit Schimmelpilzen verschiedene Auswirkungen auf den Körper: Durch die Ausbreitung der Schimmelpilze in den Atemwegen können sich regelrechte „Pilzrasen“ bilden, wie man sie von verschimmelten Lebensmitteln kennt. Die Folgen sind eine entzündungsbedingte Verdickung der Schleimhäute und die Bildung von Knötchen (Granulomen), die zu typischen Symptomen im Bereich der Atemwege wie Niesen, heisere Stimme oder gar Stimmverlust, Keuchen, Schnabelatmung (dabei wird durch den leicht geöffneten Schnabel geatmet) und Backenblasen (dabei wölbt sich die Haut zwischen Schnabel und Augen) führen können. Auch das Wippen mit dem Schwanz synchron zum Atmen ist oft beobachtbar. Mitunter breiten sich die Pilze auch im Bereich der Nasenlöcher aus und können diese verstopfen, was dann oftmals auch von außen sichtbar ist. Lokale Entzündungsreaktionen und bakterielle Sekundärinfektionen kommen ebenfalls häufig vor.
Da die nun großflächig vorhandenen Schimmelpilze durch Stoffwechselvorgänge Toxine (Giftstoffe) – genauer: Mykotoxine – in den Körper abgeben, können nach und nach auch andere Organe in Mitleidenschaft gezogen und geschädigt werden, etwa Leber, Magendarmtrakt, Herz und Nieren. Auch ein Befall des zentralen Nervensystems ist möglich und kann Symptome wie Krämpfe, Gleichgewichtsstörungen und Zittern zur Folge haben.
Eine Infektion mit Schimmelpilzen (Mykose) sowie Vergiftungen durch deren Stoffwechselprodukte (Mykotoxikose) gehören zu den häufigsten Todesursachen bei Papageien und sollten daher frühestmöglich erkannt und behandelt werden.
Diagnose
Je früher eine Aspergillose erkannt und behandelt wird, desto besser stehen die Chancen für Deinen Liebling, die Erkrankung zu überstehen. Einen ersten Verdacht kann Dein Tierarzt bereits durch die von Dir geschilderten Symptome und eine allgemeine Untersuchung gewinnen.
Einer allgemeinen Untersuchung schließen sich Röntgenuntersuchungen (Vorder- und Seitenansicht) und mitunter auch eine Endoskopie (Spiegelung des Körperinneren mit Probenentnahme) an. Mittels Röntgen lassen sich typische Anzeichen einer (fortgeschrittenen) Aspergillose gut erkennen, beispielsweise Veränderungen an Lunge und Luftsäcken oder eine Vergrößerung von Leber, Herz und Nieren. Durch eine Endoskopie lassen sich weitere Erkenntnisse über die Schwere der Erkrankung gewinnen. Eine Endoskopie muss immer in Vollnarkose durchgeführt werden und ist bei bereits stark geschwächten Vögeln nicht immer ohne weiteres möglich.
Bei ersten Anzeichen einer Aspergillose solltest Du einen vogelkundigen Tierarzt aufsuchen, um eine schnelle Behandlung einleiten zu können.
Um den allgemeinen Gesundheitszustand Deines Lieblings beurteilen zu können, kann außerdem eine Blutuntersuchung hilfreich sein. Hier kann auch der Verlauf sehr gut ermittelt werden, da spezifische Blutzellen (Monozyten) bei einer Aspergillose erhöht sind.
Die früher verwendeten Verfahren wie Kotuntersuchungen oder Tupferproben mit anschließender Erregeranzucht gelten als veraltet und können zu falschen Ergebnissen führen.
Behandlung
Die Therapie von an Aspergillose erkrankten Vögeln ist langwierig, aufwendig und schwierig. Als Halter musst Du Dich darauf einstellen, Deinen Liebling über mehrere Wochen täglich zu behandeln. Darüber hinaus handelt es sich bei einer Aspergillose zumeist um ein chronisches Geschehen, das immer wieder Behandlungen erforderlich machen kann.
In Absprache mit dem Tierarzt und in Abhängigkeit der Symptome kommen zur Behandlung orale Antimykotika (Medikamente gegen Pilzbefall) und Inhalationstherapien zum Einsatz. Eine Garantie für die Wirksamkeit dieser Mittel gibt es leider nie – ob und wie sie anschlagen, hängt unter anderem von der Schwere des Schimmelpilzbefalls und dessen Lokalisation ab.
Von entscheidender Bedeutung und unerlässlich für einen (anhaltenden) Therapieerfolg ist darüber hinaus die dauerhafte Optimierung der Haltungsbedingungen, um eine Verschlimmerung oder ein Neu-Auftreten der Symptome zu vermeiden. Konkret bedeutet dies, dass die Luftfeuchtigkeit auch im Winter nicht unter 60 % fallen sollte, auf die Fütterung von Nüssen und anderem mit Pilzsporen belastetem Futter verzichtet wird und mittels eines Vitamin-A-Präparats eine Mangelversorgung ausgeglichen wird (Vorsicht vor Überversorgung, die ebenfalls schädlich sein kann!). Eine Umstellung auf pelletiertes Futter hat sich als sehr hilfreich erwiesen. Die Papageien werden mit allen Vitaminen und Mineralstoffen versorgt und können nicht mehr die fettreichen, ungesunden Saaten herauspicken.
Freiflug in einem vogelsicheren Zimmer und regelmäßiges Lüften sind wichtig, um zur Vorbeugung einer Aspergillose beizutragen.
Vögel benötigen darüber hinaus Zugang zu UV-Licht und müssen die Möglichkeit haben, sich viel zu bewegen und zu fliegen.
Vorbeugung
Eine tiergerechte Haltung von Papageien, Sittichen, Finken und anderen Ziervögeln sorgt nicht nur dafür, dass unsere Federfreunde sich wohlfühlen, sondern kann auch ganz aktiv Krankheiten verhindern. Dies gilt auch für die Aspergillose. Besonders achten solltest Du auf die folgenden Aspekte:
- Sorge für eine ausreichend hohe Luftfeuchtigkeit von mind. 60 %, auch im Winter (mehr dazu findest Du hier). Lüfte außerdem immer wieder gut durch, um die Belastung der Luft mit Schimmelpilzsporen zu vermindern.
- Achte darauf, dass Deine Federfreunde jeden Tag mehrere Stunden fliegen können, denn dies ist wichtig für die Ventilation der Atmungsorgane und die Widerstandskraft Deiner Vögel. Mehr dazu findest Du hier.
- Vermeide Stress, indem Du zum Beispiel darauf achtest, dass sich Deine Vögel untereinander gut verstehen, und Du einen Vogel, der sozialen Anschluss braucht, niemals alleine hältst (mehr zu den Gefahren der Einzelhaltung findest Du hier).
- Ernähre Deine Vögel gesund und ausgewogen und achte dabei insbesondere auf ausreichend Vitamin A.
- Sorge für günstige Lichtverhältnisse: Deine Vögel benötigen z. B. UV-Licht und einen regelmäßigen Dunkel-Hell-Wechsel.
- Verzichte auf prophylaktische Antibiotikagaben und behandle Deinen Vogel nur nach sicherer Diagnose durch Deinen Tierarzt mit Antibiotika sowie parallel mit Antimykotika.
- Verzichte auf die Gabe von Nüssen in der Schale (insb. Erdnüssen).
Fazit
Schimmelpilzsporen kommen überall in unserer Umgebung vor. Es ist also nicht zu vermeiden, sie einzuatmen. Ein gesundes Immunsystem kommt damit in aller Regel gut zurecht, sofern die Belastung nicht zu hoch ist. Leider ist jedoch die Widerstandskraft von Papageien, Sittichen und anderen Ziervögeln in der Heimhaltung nicht selten eingeschränkt, indem sie zum Beispiel bei zu niedriger Luftfeuchtigkeit gehalten werden oder unter Stress infolge von Einzelhaltung oder Streit in der Gruppe leiden. Auch von Pilzen befallene Nüsse, ein Vitamin-A-Mangel und Antibiotikagaben können begünstigende Faktoren sein.
Besonders häufig betroffen sind Papageien, deren ursprüngliche Heimat in den Tropen liegt, wie beispielsweise Graupapageien oder Amazonen. Doch auch Nymphensittiche, Wellensittiche und andere Vögel können an einer Aspergillose erkranken. Die Symptome und Folgen einer Aspergillose sind vielfältig und reichen von allgemeiner Schwäche und Antriebslosigkeit über Atembeschwerden bis hin zu Leber- und Nierenschäden. Ein wichtiger Faktor zur Vermeidung eines (Wieder-)Auftretens ist die Optimierung der Haltungsbedingungen (hohe Luftfeuchtigkeit, optimale Fütterung, ausreichend Freiflug, Vermeidung von Stress etc.). Die Behandlung ist langwierig und schwierig, jedoch unbedingt erforderlich, um die Lebensqualität soweit möglich wiederherzustellen.